made in austria

statement by karlheinz essl
Do, 27.02.2014 - So, 03.08.2014
Galerieräume

made in austria

statement by karlheinz essl
Do, 27.02.2014 - So, 03.08.2014

Galerieräume

>made in austria< ist die titelgebende Ausstellung für das Jahresmotto 2014 des Essl Museums, das heuer sein 15-jähriges Bestehen feiert. Karlheinz Essl, der die Ausstellung selbst kuratiert, zeigt seine persönlichen Schwergewichte der jüngeren österreichischen Kunstgeschichte und setzt ihre Werke in den Galerieräumen in reizvolle Beziehungen zueinander.
>made in austria< ist die titelgebende Ausstellung für das Jahresmotto 2014 des Essl Museums, das heuer sein 15-jähriges Bestehen feiert. Karlheinz Essl, der die Ausstellung selbst kuratiert, zeigt seine persönlichen Schwergewichte der jüngeren österreichischen Kunstgeschichte und setzt ihre Werke in den Galerieräumen in reizvolle Beziehungen zueinander. Zu sehen sind Werke von Friedensreich Hundertwasser, Max Weiler, Maria Lassnig, Arnulf Rainer, Markus Prachensky, Josef Mikl, Wolfgang Hollegha, Herbert Brandl, Hubert Scheibl, Franz West, Erwin Wurm, Franz Ringel, Martha Jungwirth, Kurt Kocherscheidt, Günter Brus, VALIE EXPORT und Hermann Nitsch.

Der Kern der Sammlung
„Museen sind das kollektive kulturelle Gedächtnis einer Gesellschaft. Oft hörte ich, dass wir nun für zeitgenössische Kunst jene Aufgabe erfüllen, welche viele öffentliche Museen für alte Kunst innehaben. Unsere Sammlung ist natürlich gewachsen, auf heute mehr als 7000 Kunstwerke. Sie bildet einen Großteil dessen ab, was seit dem Ende des Krieges in der österreichischen Kunst in einem internationalen Kontext geschehen ist. Im 15. Jahr unseres Bestehens möchten wir diesen österreichischen Kern ins Zentrum des Ausstellungsgeschehens rücken. Mit >made in austria< präsentiere ich meinen ganz persönlichen Blick auf dieses Kunstgeschehen“, so Karlheinz Essl.
 
Der Sammler zeigt jene Künstlerinnen und Künstler, die für ihn ihre Spuren deutlich in der österreichischen, aber auch in der internationalen Kunstwelt hinterlassen und das weltweite Kunstgeschehen beeinflusst haben. In der Ausstellung stellt Karlheinz Essl spannungsvolle Bezüge zwischen den einzelnen künstlerischen Positionen und Kunstwerken her – mit Dialogen, aber auch Reibungspunkten, mit unerwarteten Einblicken und Überraschungen. Alle siebzehn Künstlerinnen und Künstler der Ausstellung kennen Agnes und Karlheinz Essl seit langen Jahren persönlich, mit vielen verbindet sie eine langjährige Freundschaft. Das Sammlerpaar hat sie oft in den Ateliers und bei Ausstellungen besucht, ihre künstlerische Entwicklung leidenschaftlich mitverfolgt und immer wieder auch Werke für die Sammlung angekauft.
 
Max Weiler und Friedensreich Hundertwasser
Im ersten Ausstellungsraum treffen vegetative Naturformen von Friedensreich Hundertwasser auf die spirituelle Landschaftsbetrachtung von Max Weiler. Für Hundertwasser ist die Natur das Allumfassende, seine Kunst prägen organische, vegetative Formen, der Kreis und insbesondere die Spirale. 1972 entwirft Hundertwasser die „Regentage-Mappe“, eines der ersten Kunstwerke, das für die Sammlung Essl angekauft wurde, welche sich auf das Frühwerk bis Anfang der 1960er-Jahre konzentriert.
 
Weiler sieht das Spirituelle in der Natur, in den Malereien der 1950er-Jahre abstrahiert er die Naturformen immer mehr. In der wegweisenden Werkserie „Wie eine Landschaft“ der 1960er-Jahre nimmt er Probierpapiere als Vorlage für seine großformatigen vergeistigten Landschaftsmalereien. Diese Werkserie stellt einen zentralen Wende- und Höhepunkt in seinem künstlerischen Schaffen dar.

Maria Lassnig und Arnulf Rainer
Maria Lassnig und Arnulf Rainer ist der zweite Ausstellungsraum gewidmet. Nach Aufenthalten in Paris und vor allen New York wurde Lassnig 1980 als erste Professorin an die Universität für Angewandte Kunst nach Wien berufen. Ab diesem Zeitpunkt haben Agnes und Karlheinz Essl ihre Werke gesammelt. Werke aus diesen Jahren werden auch in der Ausstellung gezeigt. In einem mutigen Akt der Selbstdarstellung und Entblößung bringt Lassnig körperliche wie psychische Befindlichkeiten zum Ausdruck, dabei zeigt sie schonungslos ihre Sehnsüchte, besonders auch ihre Ängste und ihr Leiden.
 
Auch Rainer entblößt sich in den Automatenfotos, er präsentiert ein fratzenartiges Gesicht und wirft einen skeptischen Blick auf sich selbst, aber auch auf Gesellschaft und Welt. Durch die malerische Bearbeitung wird dieser Ausdruck noch verstärkt. Die „Face Farces“ treffen auf Lassnigs malerische Selbstentäußerungen. Daneben sind Kunstwerke aus Rainers Frühzeit zu sehen – Werke, mit denen er sich in die internationale Kunstgeschichte der Nachkriegszeit eingeschrieben hat: mehrere Fingermalereien, insbesondere aber eine Zentralisation und eine frühe schwarze Übermalung.
 
Markus Prachensky, Josef Mikl, Wolfgang Hollegha, Herbert Brandl, Hubert Scheibl
Der größte Galerieraum lebt von der Gegenüberstellung zweier Künstlergenerationen: auf der einer Seite die abstrakten Maler der Nachkriegszeit Markus Prachensky, Josef Mikl, Wolfgang Hollegha (die Künstler der Gruppe „St. Stephan“ rund um Monsignore Otto Mauer), auf der anderen Seite zwei Vertreter der „Neuen Wilden“ aus den 1980er-Jahren, Herbert Brandl und Hubert Scheibl. In der Ausstellung sind nur Arbeiten zu sehen, in denen das Figurative nicht mehr sichtbar ist.
 
Holleghas intensive malerische Formfindung mit dünnem Farbauftrag geht vom realen Gegenstand aus, der sich dann aber zugunsten der farbintensiven Abstraktion vollkommen auflöst. Auch der abstrakte Realismus von Mikl entwickelte sich aus Körperteilen, insbesondere Gelenken – sie sind Grundlage für seine freien Umsetzungen in Malerei. Prachensky entwickelte eine am internationalen Informel orientierte, expressive Malweise. Die Farbe Rot und tektonische Elemente sind wesentliche Bestandteile seiner gestisch abstrakten Bilder.
 
Die in der frühen Schaffensphase expressiven Bilder von Brandl fanden später in subtil gemalten Werken, die kosmisch-spirituelle Landschaften erahnen lassen, ihre Fortsetzung. Scheibls in vielen Schichten aufgetragene, abstrakte Bilder bestechen durch ihre Farbigkeit, Dichte und Intensität. Es sind zutiefst meditative Bilder, die zu einer kontemplativen Betrachtung einladen.
 
Franz West und Erwin Wurm
In einem weiteren Ausstellungsraum liegt der Fokus auf der Skulptur, ein zentraler Schwerpunkt in der Sammlungstätigkeit. Franz West und Erwin Wurm sind in diesem Medium äußerst innovative Wege gegangen.
West hat mit viel Witz und meist unter Verwendung „armer“, kunstferner Materialien zu einen erweiterten Kunst- und besonders auch Skulpturbegriff beigetragen. So z.B. durch seine „Passstücke“: diese zunächst aus Papiermaché hergestellten Objekte sind nicht als Skulpturen per se gedacht, sondern als „körpererweiternde Prothesen“. West arbeitet auch mit der Technik der Collage, indem er Bild- und Malerei ideenreich miteinander kombiniert.
 
Auch Wurms Arbeit ist von einem distanzierten und ironischen Blick auf die Skulptur gekennzeichnet. Durch die Dekonstruktion traditioneller Elemente der Bildhauerei erweitert er den Skulpturenbegriff: Autos werden fett, Häuser schmelzen, Körper werden durch ihre Kleidung hilflos und unbeweglich. Mit den „One-Minute-Sculptures“ wurde er in den 1990er-Jahren international bekannt.
 
Begleitend zu den skulpturalen Arbeiten ist bei Wurm die Videostillserie „One Minute Sculptures“, bei Franz West die Collagen und Schriftbilder der „Eisenbahner Serie“ zu sehen.
 
Franz Ringel, Martha Jungwirth, Kurt Kocherscheidt
Es war zu Beginn der Sammlertätigkeit, als der Grafiker und Aquarellist Kurt Moldovan das Sammlerehepaar auf eine Reihe von jungen, ambitionierten Malern aufmerksam gemacht hat. Moldovan versammelte um sich eine Gruppe von jungen Künstlern und Künstlerinnen, die erstmals zusammen vom Kunsthistoriker Otto Breicha 1968 in der Ausstellung „Wirklichkeiten“ präsentiert wurden. Diese Ausstellung war für Karlheinz Essl sehr einprägsam, stellte sie doch in ihrem teils sozialkritischen Realismus eine Gegenposition zum international dominierenden Informel und so auch zu den Künstlern der Gruppe „St. Stephan“ dar. Gleichzeitig war sie auch ein Protest gegen die Wiener Schule des Phantastischen Realismus. Im nächsten Ausstellungsraum hat Karlheinz Essl Werke von Franz Ringel, Martha Jungwirth und Kurt Kocherscheidt ausgewählt.
 
Die Künstler sind in ihrer malerischen Ausdrucksweise sehr unterschiedliche Wege gegangen. Ringel schockiert mit seinen stark überzeichneten, sexuell konnotierten Menschenbildern. Jungwirth malt abstrakt, aber immer wieder mit Anklängen an Figur und Landschaft. Kocherscheidt (dem erst jüngst 2013 im Essl Museum eine große Einzelausstellung gewidmet war) abstrahiert Natur- und Landschaftsformen in einer bewusst asketischen Malerei.
 
 
Günter Brus und VALIE EXPORT
Im vorletzten Raum sind Günter Brus und VALIE EXPORT zu sehen. Karlheinz Essl zeigt bei Brus nicht Video- und Fotoarbeiten aus der Hochphase des Aktionismus, sondern seine „nachaktionistische“ Schaffensphase, als er mit den aufsehenerregenden Körperaktionen aufgehört hatte und sich nun malerisch und grafisch ausdrückte. Die sogenannten „Bild-Dichtungen“ seien, so Brus, nur eine Verschiebung des aktionistischen Inhalts von der körperlichen Performance hin zur Malerei, zur Zeichnung und zur Schrift.
 
Einer Auswahl dieser Bild-Text-Arbeiten werden Werke von VALIE EXPORT gegenübergestellt. Mit ihrer körperbetonten, feministischen Medien-Kunst hat EXPORT einen wesentlichen Beitrag zur zeitgenössischen Kunst geliefert, viele nachfolgende Künstlergenerationen berufen sich auf sie. Neben vier Videoarbeiten (u.a. das „TAPP und TASTKINO“) werden eine Reihe ihrer fotografischen Körperkonfigurationen aus den 1970er-Jahren gezeigt.
 
Hermann Nitsch
Einen Raum widmet Karlheinz Essl dem großen Aktionismuskünstler Hermann Nitsch. Mit ihm verbindet das Sammlerpaar eine intensive, langjährige Freundschaft. Karlheinz Essl schätzt an Nitsch seinen umfassenden Kunstbegriff. Er geht vom Theater und der Performance aus und greift in alle Lebensbereiche des Menschen hinein; in seinen Aktionen behandelt er existenzielle Themen wie Leben und Tod, Blut und Opfer oder auch die Religion. Die Architektur des letzten Galerieraumes hat etwas Kapellenartiges an sich. Sie wurde Nitsch zur Verfügung gestellt, um darin einen sakralen Raum mit Arbeiten aus dem reichen Fundus der Sammlung Essl einzurichten.
 
In der Ausstellung gibt es neben den einzelnen Bildern keine Bildbeschreibungen. Die Besucherinnen und Besucher werden dazu aufgefordert, zuerst ohne Informationen die Werke zu betrachten. In jedem Ausstellungsraum findet sich aber ein Handout mit einem Raumplan und den Bildbeschreibungen, mit Kurztexten zu den einzelnen künstlerischen Positionen sowie Anmerkungen des Kurators Karlheinz Essl.

Im Jahr 2014 feiert das Essl Museum sein 15-jähriges Bestehen. Aus diesem Grund wird das Ausstellungsprogramm der österreichischen Kunst, dem Kern der Sammlung Essl, gewidmet. Bundespräsident Dr. Heinz Fischer hat den Ehrenschutz für das gesamte Ausstellungsjahr im Essl Museum übernommen.  

Kunstvermittlung
Das Kunstvermittlungsteam bietet Führungen und Workshops zur Ausstellung an. Weitere Angebote zur Ausstellung finden Sie auch unter: www.essl.museum / Kunstvermittlung.

statement by karlheinz essl
27.02.– 03.08.2014

Friedensreich Hundertwasser1 / 6
Max Weiler2 / 6
Arnulf Rainer3 / 6
Franz Ringel4 / 6
Erwin Wurm5 / 6
Hermann Nitsch6 / 6
Impressum