STRINGS/EXPANDED portraitiert die Violine/Viola/E-Violine als ein Instrument, das multimedial erweitert neue Spuren zeichnet.
Mit Sensoren werden Bewegungen abgenommen und in visuelle und auditive Kunst umgewandelt, Videos reagieren auf die individuelle
Interpretation des jeweiligen Abends, Live-Elektronik analysiert und interpretiert im Moment.
Barbara Lüneburg: Violine, Viola, E-Violine Marko Ciciliani: Elektronik, Video, Klangregie
STRINGS/EXPANDED portraitiert die Violine/Viola/E-Violine als ein Instrument, das multimedial erweitert neue Spuren zeichnet.
Mit Sensoren werden Bewegungen abgenommen und in visuelle und auditive Kunst umgewandelt, Videos reagieren auf die individuelle
Interpretation des jeweiligen Abends, Live-Elektronik analysiert und interpretiert im Moment, und mit ihren Bogenbewegungen
steuert die Interpretin von der Bühne aus die Live-Bearbeitung ihres eigenen unwiederholbaren Spieles. Das Publikum erlebt
das Werden und Geschehen von Kunst unmittelbar und ist Teil einer einzigartigen Konzert-Aura.
Alle Komponisten haben die Stücke für Barbara Lüneburg und in enger Zusammenarbeit seit 2007 mit ihr geschrieben und dabei
die kreative Schaffensenergie von Komponist, Videokünstler und Performer genutzt, um die Grenzen des Instrumentes zu erforschen
und zu erweitern.
PROGRAMM
John Croft (Neuseeland): ...mit schwarzem Glanz (Rainer Maria Rilke) - 2010 für Viola und Live-Elektronik (UA)
Dai Fuijkura/Tomoka (Japan): Fluid Calligraphy - 2009 für Violine und Live-Video (ÖE)
Karlheinz Essl (Österreich): Sequitur III - 2008 für E-Violine und Live-Elektronik
Yannis Kyriakides (Zypern): N.N. - 2010 für Violine, Zuspielung, Live-Elektronik und Video (UA)
Nick Fells (Schottland): CoS - 2007 für Violine, CD-Track und Live-Elektronik (ÖE)
Alexander Schubert (Deutschland): Weapon of Choice - (2009) für Violine, Bewegungssensor, Live-Elektronik und interaktives Video
BIOGRAPHIE
Barbara Lüneburg hat sich sowohl als Interpretin der klassischen als auch der zeitgenössischen Musik einen Namen gemacht.
Ihr Spiel wird als leidenschaftlich, diabolisch virtuos und spektakulär beschrieben. Sie ist Preisträgerin verschiedener Violinwettbewerbe.
Ihr spezielles Interesse an der neuen Musik zeigt unter anderem der "Preis für die beste Interpretation zeitgenössischer Musik",
den sie bei dem 4. Internationalen Musikwettbewerb für Junge Kultur in Düsseldorf erhielt. Etliche Solo‐ und Kammermusikwerke
für Violine wie auch für Viola wurden von ihr uraufgeführt. Ihre Solo‐CD The Refined Ear findet international Aufmerksamkeit und wurde als eine der besten Neuerscheinungen des Jahres
2006 gepriesen. Barbara Lüneburg spielt regelmäßig Rundfunk, CD‐ und Fernsehproduktionen ein. Ihre Konzerttätigkeit als Solistin,
Kammermusikerin und Improvisatorin führt sie ins In‐ und Ausland. Sie ist Gast auf internationalen Festivals wie den Donaueschinger
Musiktagen, dem Schleswig Holstein Musikfestival, dem Bodenseefestival, den Bregenzer Festspielen (Österreich), dem Gaudeamus
Festival (Niederlande), der Münchner Biennale und dem Tongyeong International Music Festival (Korea).
Als Stipendiatin des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) und der Studienstiftung des Deutschen Volkes studierte
sie unter anderem am Tschaikowsky Konservatorium in Moskau bei Zorija Schichmurzaeva und an der Guildhall School of Music
and Drama (London) bei David Takeno. Sie lebt in Wien und Amsterdam und schreibt zur Zeit an ihrer Doktorarbeit an der Brunel
University/London. Barbara Lüneburg ist Gründungsmitglied und künstlerische Leiterin von ensemble Intégrales, dem Ensemble
für undirigierte zeitgenössische Kammermusik (Hamburg).
WERKE
John Croft: ...mit schwarzem Glanz (2010) für Viola und Live-Elektronik
Der Titel von John Crofts Violasolo…mit schwarzem Glanz stammt von den letzten Zeilen aus Rilkes Gedicht "Requiem". Diese
Phrase und die melancholische Qualität es Gedichtes inspirierten ihn zu eine Art Fliessen durch eine Welt der Dämmerung, ab
und an erhellt durch einen Schimmer Licht. Langsam pulsierende Klänge polarisieren mit frenetischen Linien, nur scheinbar
im Gegensatz, im Grunde aber zwei Dimensionen derselben Idee. Der dunkle, leicht verschleierte Klang der Viola wird durch
Live-Bearbeitung unmittelbar analysiert und unverzögert transformiert. Tonhöhe, Lautstärke, Timbre und Streichgeräusche kreieren
in der Elektronik eine dunkle Welt vom zarten Klangschleier bis hin zu heftigen Ausbrüchen, in der die Bilder der Dämmerung
ihren Nachhall finden.
Karlheinz Essl: Sequitur III (2008) für E-Violine und Live-Elektronik
Seit 2008 arbeitet Karlheinz Essl an dem mehrteiligen Zyklus Sequitur für unterschiedlichste Soloinstrumente und Live-Elektronik,
der an die berühmten Sequenze von Luciano Berio anknüpft. Hatte dieser einst prototypische Solostücke ge¬schaffen, in denen
die jeweiligen Instrumente mit all ihren klanglichen Finessen virtuos in Szene gesetzt werden, so geht es Essl um die Erweiterung
dieses Ansatzes unter Einbeziehung der Live-Elektronik: Ein penibel auskomponierter und live gespielter Solopart wird in ein
eigens dafür geschaffenes Computerprogramm eingespeist, das daraus in Echtzeit einen elektronischen Kontrapunkt generiert.
Diese “Begleitung” wird ausschließlich vom Input des Soloinstruments bestimmt, das mit sich selbst in vielfache Beziehung
tritt. Wie in einem Spiegelkabinett lösen sich die ursprünglichen Identitäten auf und erzeugen ein kom¬plexes Beziehungsgefüge,
das einen tranceartigen Sog ausübt.
Karlheinz Essl: Sequitur III
for electric violin and live-electronics - performed by Barbara Lüneburg
Dai Fujikura/Tomoya Yamaguchi: fluid calligraphy (2010) für Violine und Video
Kalligraphen streben danach die wahre Emotion eines Schriftstückes in den Worten, die sie zeichnen, hervorzurufen. In fluid
calligraphy bezieht sich Dai Fujikura zunächst auf das „Streichen“ des Instruments durch den Bogenarm der Interpretin, das
Fujikura als eine akustische Form der Kalligraphie auffasst. Er schreibt dazu: "bowing is like a calligraphy, the speed of
the pen against the paper, one direction first and now facing towards another direction....". Die Tonhöhen entfalten ein Eigenleben
jenseits des Streichrhythmus, wodurch unerwartete und, so Fujikura, „manchmal unnatürliche Klänge hervorgerufen werden“. Die
Temposchwankungen sind groß, die Phrasierungen extrem, wenngleich die Musik im Fluss bleibt.
Hierin sieht Fujikura die Verbindung zu dem Videokünstler Tomoya Yamaguchi, für den, wie in der Kalligraphie, die Linie im
Zentrum der Gestaltung steht. Statt der Projektion eines vorproduzierten Videos reagieren die Bilder vielmehr in Echtzeit
auf die Interpretin. Die Idee dahinter ist, ein Werk zu schaffen, das sich immer wieder aus sich selbst heraus erneuert, indem
stets andere Momente des musikalischen Geschehens fokussiert werden. Die Einzigartigkeit des Augenblicks wird visualisiert,
kein Klang wird erzeugt, keine Note gespielt, die nicht ihren Widerhall im Video findet.
Yannis Kyriakides: Re: MadMasters (2010) für E-Violine, CD und Video
Yannis Kyriakides, der 1969 auf Zypern geboren wurde, emigrierte schon in den 1970er-Jahren mit seiner Familie nach England.
Geblieben ist eine Sehnsucht nach der Klangwelt des Nahen Ostens. Mit seiner Geige unternahm er Reisen dorthin, um diese Musik
aus erster Hand kennen zu lernen. Noch in England studierte er Musikwissenschaft, später wurde er dann in Holland Schüler
von Louis Andriessen. In seinem Schaffen kombiniert Kyriakides traditionelle Instrumente mit digitalen Medien und synthetischen
Klangquellen. Diesen Ansatz verfolgte er auch in seinem neuen Stück Re:MadMasters, das auf den Film „Les maitres fous“ (1954)
von Jean Rouch bezogen ist. Darin thematisierte der französische Regisseur ein Ritual der Hauka, einer kultischen Bewegung
in den französischen Kolonien Westafrikas. Mit diesem Ritual, in dem die Geister der Repräsentanten der Kolonialmacht beschworen
wurden, suchten die Ureinwohner das Trauma lange währender Fremdherrschaft zu verarbeiten.
In Konzentration auf die rituelle Funktion der Musik, erscheinen im Textvideo zu Re:MadMasters, vor allem Rouchs Kommentare
zu den Bildern. Originaler Soundtrack und Neukomposition durchdringen sich, und die Trance-Elemente des Rituals übertrug Kyriakides
auf seine Tonsprache.
Nick Fells: CoS (2007) für Violine, Live-Elektronik und Tape
This piece grew out of listening to an old record of my father’s, a 1961 documentary of the first manned space flight by Yuri
Gagarin. The record is strange, juxtaposing different 'sounding spaces' - Gagarin and Kruschev addressing the public in Red
Square, Gagarin from the orbiting Vostok, the noise of the spacecraft communications, press conference voices. I wanted to
tease out aspects of these spaces (taking just the echoes of a particular space minus the voices, for instance), and use them
to frame a violin line that keeps its distance, that works through its own orbits. In performance the violin sparks new computer-generated
lines, where the machine stumbles along trying to keep track, sometimes mirroring, sometimes freezing the violinist's circling
note-patterns. The piece was developed in collaboration with Barbara Lüneburg at Steim in Amsterdam.
Alexander Schubert: Weapon of Choice (2009) für Violine, Sensor, Live-Elektronik und Video
In „Weapon of Choice“ für Violine, Live-Elektronik, Bewegungssensor und interaktives Video werden die Spielmöglichkeiten der
Interpretin mit einem am Bogen befestigten Bewegungssensor erweitert. Durch den Sensor wird die Live-Elektronik von ihr gesteuert,
kann sie direkten Einfluss auf die elektronische Verarbeitung der improvisierten Klänge nehmen. Aber auch das Video bleibt
davon nicht unberührt, da es interaktiv mit den gestischen Aktionen, zumal mit den Bogenbewegungen der Geigerin gekoppelt
ist und von ihnen gespeist wird. Die Waffe der Wahl („Weapon of Choice“) ist demnach der Bogen selbst, auch im Hinblick auf
die Klangerzeugung. Das musikalische Material ist nicht präzise ausnotiert, sondern hängt bei der Aufführung innerhalb einer
festgelegten, von Komponist und Interpretin gemeinsam entwickelten Dramaturgie von den Improvisations¬vorgaben der Solistin
ab.
Alexander Schubert: Weapon of Choice
for violin, sensor, live-electronics and live-video - performed by Barbara Lüneburg