DAIDALIA oder Das Leben einer Theorie

Multimedia-Oper von Anestis Logothetis

DAIDALIA oder Das Leben einer Theorie

Multimedia-Oper von Anestis Logothetis
Sa, 01.05.2004, 19:30 Uhr

Essl Museum

Anestis Logothetis (1921 – 1994), der Pionier der graphischen Notation und des musikalischen Hörspiels, stellt in seiner 1980 fertiggestellten Oper DAIDALIA das Schicksal und den Mythos des begnadeten, aber gewissenlosen Erfinders Daidalos als faszinierendes Sprach-, Klang- und Bewegungstheater unter Einbeziehung audio-visueller Medien dar.
Anestis Logothetis (1921 – 1994), der Pionier der graphischen Notation und des musikalischen Hörspiels, stellt in seiner 1980 fertiggestellten Oper DAIDALIA das Schicksal und den Mythos des begnadeten, aber gewissenlosen Erfinders Daidalos als faszinierendes Sprach-, Klang- und Bewegungstheater unter Einbeziehung audio-visueller Medien dar. Dieses Werk wurde mit dem Komponisten in der Rolle des Daidalos vom K&K Experimentalstudio einige dutzende Male in ganz Europa aufgeführt.

Nach dem Tod von Anestis Logothetis im Jahre 1994 wurde eine Neufassung erarbeitet, die heute – aus Anlass seines 10. Todestages – im SCHÖMER-HAUS präsentiert wird. Dafür wurden Film-, Video- und Tonaufnahmen von Logothetis derart in die Szene integriert, dass die Gestalt dieses vielseitigen Künstlers auf der Bühne wieder lebendig wird, und so die schöpferische Genialität dieses großen Klangzeichensetzers und Performers heute noch erfahrbar bleibt.

Bühnenbild und Kostüme stammen von dem Bruder des Komponisten, dem Maler und Objektkünstler Stathis Logothetis (1925 – 1996).

Dr. Karlheinz Essl
Musikintendant des SCHÖMER-HAUSES


DAIDALIA oder Das Leben einer Theorie

Multimedia-Oper von Anestis Logothetis (27.10.1921 - 06.01.1994)

Eine Produktion des K&K Experimentalstudios mit

Gunda König
Sabine Reiter
Richard V. Strauß
Dieter Kaufmann

Videos: Ulrich Kaufmann
Regie und Inszenierung: Dieter Kaufmann


Die Oper »Daidalia oder Das Leben einer Theorie« des 1994 verstorbenen Komponisten Anestis Logothetis basiert auf dem Mythos von Daidalos und erzählt die Geschichte eines Erfinders, dem seine eigenen Schöpfungen schließlich zum Verhängnis verden: Daidalos, der seinen Neffen Talos getötet hat, flieht nach Kreta, wo ihn die Mondgöttin und Königin Pasiphae zwingt, eine Vorrichtung zu bauen, die es ihr ermöglicht, sich mit dem weißen göttlichen Stier zu vereinigen. Das Ergebnis dieses folgenreichen Rendezvous ist der Minotauros. Nun kommt Daidalos in Schwierigkeiten. Der König verlangt von ihm diese Schande zu beseitigen und den stierköpfigen Menschen verschwinden zu lassen. Daidalos baut daraufhin das Labyrinth, dessen Gefangener er selbst wird. Um dem von ihm selbst geschaffenen Gegängnis zu entkommen, konstruiert er Flügel, mit deren Hilfe er gemeinsam mit seinem Sohn Ikaros die Flucht wagt. Ikaros stürzt ins Meer und stirbt. Daidalos gelangt nach Sardinien und wird Puppenmacher und Unterhalter der königlichen Familie. Minos spürt ihn auf, doch es gelingt Daidalos, diesen zu töten. Abermals muß Daidalos fliehen. Seine Spur verliert sich schließlich in Sardinien. Nachdem Logothetis 1976 Drachenflieger beobachtet hatte, die vom Loserfelsen in der Nähe von Altaussee ins Tal gesegelt waren, wobei einer von ihnen - getrieben vom Ehrgeiz des Vaters - tödlich verunglückte, begann er mit der zeitgenössischen Adaption des mythischen Materials. Die Dimension des Bösen wird dabei auch durch Zitate aus späterer Zeit dokumentiert, die beispielsweise aus Ovids »Ars Amandi« oder aus der Autobiographie des Lagerkommandanten von Auschwitz, Rudolf Höß, stammen. Horst Ogris schrieb über die phantasievoll inszenierte Uraufführung der »Kleinen Fassung«, die am 23. Juni 1980 in Klagenfurt stattfand:

"Der Komponist Logothetis selbst spielt den Daidalos, jenes scheinbar überlegene Prinzip Hoffnung, das Zweifel kaum zuläßt und jede Ausweglosigkeit hinter raffiniertesten Formeln verbarrikardiert. Gegen dieses Ordnungsprinzip stehen Phantasie, Eros, Sexus, Gewalt und Liebe. Gespalten, wie auch das ganze Bühnensystem der Aufführung, stehen sie ihm entgegen. Einerseits Ikaros, den der Traum vom Fliegen - Überwinden der Wirklichkeit - das Leben kostet, andererseits die Figur der Ariadne, mit all ihrer kreativen Neugierde, die jede Gefahr beiseite schiebt und selbst dem Minotaurus, der sie gleichermaßen anzieht wie erschreckt, lebenstüchtig zu entwischen versteht. Pointe dieser gelungenen Flucht: Sie schläfert das Ungeheuer mit Musik ein. Das nur einer der vielen Ansatzpunkte von Werk und Aufführung, die es zuwege bringen, blitzartig archaisches Topos-Material in gegenwärtige Problematik umkippen zu lassen. Gunda König in der Doppelrolle Ikaros/Ariadne und Walter Stangl (Minotauros), dem Arno Patscheider die Bandstimme lieh, liefern eindrucksvolle Monmente rückhaltloser Schauspiellust. Was aber diesen Abend im Künstlerhaus so besonders eindrucksvoll macht und was ihm Avantgardemaß im besten Sinn leiht, ist der frappante Einsatz verschiedener künstlerischer Ausdrucksmöglichkeiten und deren geglückte Kombination. Denn zur Musik von Logothetis, die durch Tonkonserven sich selbst bespiegelt, bezweifelt, konterkariert und so multipliziert, sodaß aus der Kühle moderner Kompositionsästhetik ein akustischer Urwald voller Sinnlichleit aufsteigt, gesellen sich Filme, Dias, die graphischen Notationen des Komponisten und raffiniert eingesetzte Raumtheaterelemente, die zusammen ein Kunstwerk abgeben, das sinnfällig und beeindruckend die Grenzen der Einzelkunst in Richtung Gesamtkunstwerk überschreitet. Berücksichtigt man alle diese Faktoren und gewichtet sie, so kann man feststellen, daß da nicht nur eine Uraufführung eines musikalischen Werkes geglückt ist. Gelungen ist vielmehr - und das zählt an diesem Ort, wo über das Tafelbild noch kaum hinausgedacht worden ist - der Beweis, daß Performance-Art eine durchaus aufregende Sache sein kann." [Ogris, Horst: Ein neuer Weg! In: Kleine Zeitung, 25. 6. 1980.]
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