Hörgänge '98

ensemble on_line vienna

Hörgänge '98

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Sa, 04.04.1998, 20:00 Uhr

Das Schömer-Haus

In diesem Konzert, das diesmal im Rahmen des vom Wiener Konzerthaus veranstalteten Festivals Hörgänge stattfindet, stehen gleich vier Uraufführungen auf dem Programm: drei österreichische Komponisten der jüngeren Generation werden zwei ihrer Kollegen aus Amerika und Mexiko gegenübergestellt.
In diesem Konzert, das diesmal im Rahmen des vom Wiener Konzerthaus veranstalteten Festivals Hörgänge stattfindet, stehen gleich vier Uraufführungen auf dem Programm: drei österreichische Komponisten der jüngeren Generation werden zwei ihrer Kollegen aus Amerika und Mexiko gegenübergestellt.

Zentrum dieser Programmzusammenstellung ist wieder einmal das SCHÖMER-HAUS mit seiner offenen Architektur, die Wolfgang Suppan in seinem neuen Werk kompositorisch zu beschreiben versucht. Raumphantasien ganz anderer Art kennzeichnen Gene Colemans Stück, das sich als Hommage an den Architekten Ben Nicholson versteht und eine Reise in den akustisch vergrößerten Innenraumes des Klavier unternimmt. Bernd Hannes Sollfelner hingegen nimmt die zur Zeit gezeigte Ausstellung Umbruch - Kunst der 60er Jahre als Ausgangspunkt seiner musikalischen Aktion, die den Meistern dieser Periode gewidmet ist. Der Aspekt der Klangkontur spielt bei Simeon Pironkoff eine wesentliche Rolle, indem er die Grenze zwischen Zentrum und Peripherie des Klanges ständig verschiebt und damit zu immer neuen Gestalten kommt. Der Mexikaner Ignacio Baca-Lobera schließlich erforscht die Komplexität von Klangstrukturen, indem er sich mit physikalischen und soziologischen Massenphänomen auseinandersetzt und diese kompositorisch umsetzt.

Neben derlei instrumentalen Klängen, ihrer Erweiterung ins Unerhörte und ihrer Projektion in Zeit und Raum sind heute auch solche zu vernehmen, die aus einer anderen Welt zu kommen scheinen. Lydia Kavina, Großnichte von Leon Termen, spielt das von ihrem Großonkel bereits 1920 konstruierte Theremin - eines der ersten elektronischen Instrumente, das nicht zuletzt Dank ihrer regen Konzerttätigkeit heute wieder vermehrtes Interesse hervorruft.

Dr. Karlheinz Essl
Musikintendant des SCHÖMER-HAUSES




Programm


Bernd Hannes Sollfelner (* 1963)

Apud Inferos (1997/98)
Aktion für 7 Musiker und einen Koordinator
Gewidmet den "Alten Meistern" der 60er- und 70er Jahre

--- Uraufführung ---


Gene Coleman (* 1959)

Klavierraum (1996)
für Klavier und Ensemble
Dem Architekten Ben Nicholson gewidmet

--- Uraufführung ---


Simeon Pironkoff jun. (* 1965)

Kontur (1996/97)
Musik für 7 Instrumente


Wolfgang Suppan (* 1966)

raum/beschreibung I (1998)
für Theremin und Ensemble

--- Uraufführung ---


Ignacio Baca-Lobera (* 1957)

Talea II (1995/96)
für Ensemble

--- Uraufführung ---



Ausführende

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Dirigent: Simeon Pironkoff jun.
Klavier: Mathilde Hoursiangou
Theremin: Lydia Kavina (Moskau)



Werke & Komponisten


Bernd Hannes Sollfelner (* 1963)

studierte an der Musikhochschule in Wien Klavier (Noel Flores, Ingeborg Marko), Komposition (Th. Chr. David, Francis Burt) und elektro-akustische Musik (T.. Ungvary) und war Visting Scholar am CCRMA an der Stanford University in den USA. Er unterrichtete Klavier und Keyboards an der Musikhauptschule Wr. Neustadt und der Musikschule Bad Fischau, leitete das "Wiener Musikforum" bis zu seiner Übersiedlung nach Kalifornien. 1996 gründete er gemeinsam mit German Toro, Johannes Kretz und Christian Minkowitsch das NewTonEnsemble. Er erhielt 1990 den Würdigungspreis des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung und 1996 den Förderungspreis der Stadt Wien. Im selben Jahr wurde in Hongkong sein Computerstück Das Tor zur Hölle als erster österreichischer Beitrag überhaupt anläßlich der alljährlich stattfindenden Internationalen Computermusik-Konferenz (ICMC) aufgeführt.

In seiner heute uraufgeführten Komposition Apud Inferos gibt der Koordinator jedem einzelnen Musiker den Befehl auf seinen Platz zu gehen, um zu spielen. Er überwacht das Geschehen und gibt Zeichen, die für den Ablauf notwendig sind. 5 der 7 Musiker spielen unabhängig voneinander Minimal Music - Modelle, während die beiden Blechbläser von oben herab eine Art hymnische Musik spielen. Außerdem verstärkt die Aufstellung der Musiker den Eindruck einer Zweiklassen-Gesellschaft, wo edukative Führung scheinbar unabhängige Massen beeinflußt, führt und totalitär vereinigt.

Bernd Hannes Sollfelner


Gene Coleman (* 1959)

ist Komponist, Baßklarinettist und bildender Künstler aus Chicago. Er hat über 40 Werke für verschiedenste Besetzungen geschrieben, wobei sich bei ihm oftmals in der selben Partitur genau notierte Passagen mit improvisatorischen Partien abwechseln. Durch die radikale Verwendung erweiterter instrumentaler Klangerzeugung versucht Coleman eine Synthese zwischen Klang, Geräusch und Musik zu bewerkstelligen. Zwischen 1979 - 1984 studierte er Malerei, Film und die Musik des 20. Jahrhunderts am Art Institute of Chicago, im Anschluß daran nahm er privaten Kompositionsunterricht bei verschiedenen Komponisten, u.a. auch Henry Brant. Seine musikalischen Aktivitäten erstrecken sich mittlerweile auch auf Europa wo er als Solist und in Zusammenarbeit mit verschiedenen Ensembles auftritt und auch Workshops gibt. Gemeinsam mit dem von ihm gegründeten "Ensemble Noamnesia" hat er in Chicago viele Kompositionen europäischer Avantgardekomponisten wie Helmut Lachenmann. Vinko Globokar, Gerhard Stäbler und Salvatore Sciarrino aufgeführt.

Die ersten 13 Minuten der Komposition Klavierraum wurden 1996 geschrieben und im Oktober des gleichen Jahres durch Paul Alvares mit dem "Ensemble Noamnesia" unter der meiner Leitung uraufgeführt. Danach dachte ich daran, einen zweiten Teil zu schreiben, dessen Realisierung aber auf sich warten ließ...

Bei diesem Stück geht es mir um die Erforschung des "Klavierraumes". Das bedeutet für mich: 1) die tatsächliche Akustik des Resonanzraumes und seiner Oberflächen - als ob wir uns durch einen architektonischen Raum bewegen und die Akustik seiner verschiedenen Parameter erleben würden. Die Instrumente des Ensembles fungieren als eine Art Vergrößerungsglas der klanglichen und räumlichen Phänomene, die das Klavier erzeugt. Auf diese Weise werden Aspekte des Klavierklanges hervorgehoben oder abgeschwächt, wodurch neue Wahrnehmungsweisen ermöglicht werden. Raum aber bedeutet auch 2) Lautstärke (Dynamik) - die Nähe oder Distanz hervorrufen kann - Geschwindigkeit, und auch Tonraum, den wir uns hoch oder tief vorstellen.

Der erste Abschnitt erforscht nun hauptsächlich den ersten Aspekt, den des Klanges im Raum: Durch den Gebrauch der Klavierpedale, stumm gedrückter Tasten, Stampfen auf dem Pedal, gekratzter Saiten soll der Raum definiert und abgebildet werden (so wie eine Fledermaus ihren Infraschall benutzt, um sich durch die Welt zu bewegen...). Die Instrumente beobachten die Klavierklänge und -bewegungen, um sich dann zu sammeln und in verschiedenen Konstellationen abzuheben.

Im zweiten Teil steht die andere Vorstellung des Raumes im Vordergrund. Nach einer Kadenz auf dem hohen D werden die extremen Lagen des Klaviers in den Vordergrund gezwungen, wobei die leere Mittellage mit oszillierenden Tonclustern ausgefüllt wird. Ganz zum Schluß verdampft die höchste Note zu pfeifender Luft, in einen Bereich jenseits unserer unmittelbarer Wahrnehmung.

Gene Coleman



Simeon Pironkoff jun. (* 1965)

Beginn der musikalischen Ausbildung mit sechs Jahren (Klavierunterricht). Später Aufnahme an das Musikgymnasium in Sofia (Hauptfach Klavier). Abitur im Jahre 1983. Im selben Jahr Aufnahme an die Musikakademie in Sofia (Hauptfächer Musiktheorie und Klavier). Ab 1985 Fortsetzung des Studiums an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien (Komposition, Dirigieren und Korrepetition). Diplom im Jahr 1989 (Dirigieren und Korrepetition) und 1990 (Komposition). Seit 1992 Vertragslehrer an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien (Dirigieren und Klavier). Daneben Tätigkeit als Dirigent (zahlreiche Opernproduktionen für Tourneetheater in Deutschland und in der Schweiz sowie Leitung von diversen Symphoniejugendorchestern und Zusammenarbeit mit verschiedenen Theatern in Europa). An Kompositionen entstehen vorwiegend Kammermusikwerke für verschiedenste Ensembles und Festivals (u.a. Wien Modern, Hörgänge, Tage der Zeitgenössischen Musik Bludenz, Musica Nova Sofia). Gastvorlesungen über bulgarische Musik in Argentinien (Institut des Teatro Colon und Conservatorio nacional de Buenos Aires). Rundfunksendungen und -produktionen (ORF, Radio municipal de Buenos Aires, Bulgarischer Rundfunk), sowie CD-Produktionen als Komponist und Dirigent (u.a. auch mit dem von ihm sein 1992 geleiteten ENSEMBLE ON LINE VIENNA).

Für seine kompositorische Tätigkeit erhielt Pironkoff verschiedene Förderungen (u.a. Stipendium des G. v. Herder-Preises, Stipendium der Alban Berg Stiftung, Richard Wagner-Stipendium, Arbeitsstipendium der Stadt Wien, Würdigungspreis des BMWFK, Förderungspreis für Komposition der Stadt Wien).

Die Komposition Kontur ist im Jahre 1996/97 im Auftrag von Clemens Gadenstätter für das Ensemble Neue Musik Wien entstanden. Es handelt sich um ein Stück, was quasi in der Vertikale des (Ein)Klangs verläuft und dabei die Kurve der diversen Stadien seines Innenlebens zu beleuchten versucht. Die Dramaturgie wird durch die fortwährende Verlagerung des Geschehens vom "Zentrum" des Tons als konstitutives Element des (Ein)Klangs zu seinen Konturen bestimmt. Diese werden im Verlauf des Stückes immer weicher, bis sie sich am Ende völlig in ihrer Umgebung auflösen und sich sozusagen ihrerseits in Substanz verwandeln. Also man könnte einen fließenden Übergang zwischen folgenden Situationen in der Komposition erkennen: 1) Grelle Belichtung, scharfe Fokussierung, keine Perspektive des Bildes - der Klang zerfällt in seine Bestandteile, weil der Kontur in seiner Funktion als "Verbindungsmasse" völlig fehlt; 2) die Vertikale homogenisiert sich allmählich in sich selbst, die Entfernung vom Bild ist größer geworden, man könnte Hintergrund, sowie Kommunikationsansätze mit der Umgebung erkennen; 3) sattes sfumato-Gleichgewicht zwischen Substanz und Kontur, Verschmelzung und Beeinflussung durch die Umgebung; 4) völlige Konzentration auf das Innenleben der Kontur, hermetische Zustände wie zu Beginn, diesmal unter der Linse eines Mikroskops.

Die Komposition wurde dankenswerterweise durch das BMWFK gefördert.

Simeon Pironkoff jun.



Wolfgang Suppan (* 1966)

Nach seinem Kompositionsstudium an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien bei Dietmar Schermann, Dieter Kaufmann und Michael Jarrell, das er 1995 mit Auszeichnung abschloß, belegte er weiterführende Kurse bei George Crumb, Paul-Heinz Dittrich, Klaus Huber, Emmanuel Nuñes und Brian Ferneyhough. 1997 nahm er am Stage d'informatique musicale am IRCAM in Paris teil. Seit 1996 ist Wolfgang Suppan Assistent der Kompositionsklasse von Michael Jarrell an der Wiener Musikhochschule.

Zu seinen Werken zählen Kompositionen für die unterschiedlichsten Besetzungen wie die Symphonie für Chor und Orchester (1991), die Kammeroper "Leonce" (1992/93), das Streichquartett (1993), Elongation für Ensemble (1994), die Trio-Arabesken für Flöte, Violoncello, Klavier und Live-Elektronik (1995) sowie verschiedene Solostücke. Zur Zeit arbeitet er an der Vertonung eines Librettos von Christine Huber und Helmut Schranz.

Interpreten wie unter anderem das Austrian Art Ensemble, die Wiener Kammerorchester, das Ensemble l'Itinéraire führten Werke von Wolfgang Suppan bei Konzerten und Internationalen Musikfestivals wie der Musikbiennale Zagreb, dem Musikprotokoll Graz, oder den Zeitklängen (Berlin) auf.

Wolfgang Suppan ist Träger mehrerer Auszeichnungen; so erhielt er u.a. 1992 ein Stipendium der Alban-Berg-Stiftung, 1994 den Preis des Casablanca-Kompositionswettbewerbes (Graz) sowie 1995 den Theodor-Körner-Preis.

Die Komposition raum / beschreibung I bildet den Auftakt zu einer Reihe von akustischen Raumbeschreibungen. Aber wie soll man einen Raum, noch dazu einen wie das 1987 erbaute, von Heinz Tesar entworfene SCHÖMER-HAUS durch Musik beschreiben? Läßt man sich auf die physikalisch-akustische Ebene ein, oder behandelt man den Raum als subjektiv-wahrgenommene atmosphärische Vorgabe?

Wolfgang Suppan schuf sich während des Kompositionsprozesses immer wieder die räumliche Vorstellung des Ensembles in dem Veranstaltungsraum neu und stellte sich die akustischen und aktionistischen Vorgänge seiner Komposition darin vor. Dabei bezog er die Distanz zwischen den Musikern, von denen zwei im hinteren Bereich des Raumes plaziert sind, und die Richtungen in die der Schall austritt mit ein; unter Zuhilfenahme von "Klangachsen" mißt er den Raum "akustisch" aus.

Der ungewöhnliche Einsatz eines Instrumentes wie des Theremins erklärt sich durch die ansprechende, gestische Spielweise, die die erzeugten Töne wie frei im Raum schwebend erscheinen läßt; man könnte meinen, die Klänge existierten dort bereits und müßten nur aktiviert werden.

In den drei Etagen des SCHÖMER-HAUSES sind die Exponate der Sammlung Essl zu sehen, so daß immer dann, wenn der Saal auch für Konzerte genutzt wird, ein Ineinanderfließen der bildenden und der musischen Künste suggeriert wird. Diese kreative, inspirierende Atmosphäre kann bei einer akustischen Beschreibung nicht übergangen werden. Wolfgang Suppan, der die theoretischen Schriften Wassily Kandinskys (1866-1944) über die Beziehungen zwischen Punkten, Linien und Flächen und die daraus entstehenden Spannungen auch auf die Musik übertragen wollte, versuchte bei seiner Komposition einen der Malerei entlehnten Aufbau seiner Arbeitstechnik anzuwenden.

Am Beginn der Komposition erstellte er als Struktur einen Puls-Kanon, der im übertragenen Sinne den Rahmen bildet. Im Zuge der Hintergrundkolorierung wurden (Klang)farbflächen auf die zwei Teile, die durch eine Generalpause getrennt sind, und auf die einzelnen Abschnitte aufgetragen. Erst am Schluß kreierte der Komponist die Figuren und applizierte sie auf die schon bestehenden Konstruktionen. Durch die Anlehnung an die Arbeitsmethoden eines Malers war - beinahe zwingenderweise - auch keine chronologische Schreibweise, sondern ein Hin- und Herspringen in der Partitur notwendig. Daraus bekam die optische, bildliche Wahrnehmung des Notentextes für den Komponisten größere Bedeutung als bisher, und beeinflußte ihn auch in manchen Entscheidungen.

Dieser gedankliche Hinterbau der Komposition bildet ein dichtes Geflecht von Beziehungen, Spannungen und Assoziationsketten. Auch der Architekt und visionäre Theoretiker Friedrich Kiesler (1890-1965) sah in einer solchen Konstellation das Ideal der Realität. Er nannte es Correalismus: "Die Wirklichkeit besteht nicht in den Begrenzungen eines Körpers an sich, sondern in der Kraft zu harmonischem Zusammenwirken. Die Wirklichkeit liegt also nicht in einem Objekt, sei es nun natürlich entstanden oder vom Menschen geschaffen, sondern im Correalismus ... Correalismus ist die Kraft des inneren Zusammenhangs."

So schließt sich der Kreis, wenn Wolfgang Suppan mit akustischen Mitteln, die in Ihrer Technik der Malerei entlehnt sind, einen Galerieraum beschreibt, dadurch eine Verkettung von Relationen und Bezugspunkten entsteht und diese Situation der Definition der Wirklichkeit eines Architekten entspricht.

Marie-Therese Rudolph



Ignacio Baca-Lobera (* 1957)

Zunächst musikalischer Autodidakt, studierte er später Komposition mit Julio Estrada in Mexiko, und anschließend mit Joji Yuasa, Jean-Charles François and Brian Ferneyhough in den Vereinigten Staaten. Dort schloß er seine Studium mit einem Magisterium und schließlich mit einem Ph.D. ab. Daneben nahm er an Sommerkursen am IRCAM (1992) und bei den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik teil (1990, 1992).

In seiner Kammer- und Orchestermusik wendet er Techniken wie Zufallssteuerungen, Miktrotonalität, Netzwerktheorien und graphische Methoden an. Seine Musik wurde mehrfache ausgezeichnet: beim "José Pablo Moncayo Orchesterwettbewerb" (1982, Mexiko) und dem "Lan Adomián Kammermusikwettbewerb" (1980, Mexiko), beim Festival "New Music Today" (1988) in Japan bei den Darmstädter Ferienkursen, wo er 1992 den "Kranichsteiner Musikpreis" gewann. 1992-93 erhielt er ein Stipendium des mexikanischen "Fondo Nacional para las Artes" und 1996 gewann er den 1. Preis beim "17 Irino-Preis für Orchestermusik" in Tokyo.

Ignacio Baca-Loberas Musik wurde bei Festivals wie dem Xenakis Festival (1988, San Diego), den Weltmusiktagen der ISCM (1991, Zürich und 1993, Mexiko), den Darmstädter Ferienkursen (1990, 1992 and 1994) und verschiedenen mexikanischen Festivals aufgeführt. Darüber hinaus erhielt er mehrere Kompositionsaufträge. 1994-95 war er "composer in residence" des Querétaro Philharmonischen Orchesters.

Zur Zeit lebt er im mexikanischen Quéretaro, wo er als Professor an der Universidad Autónoma de Querétaro Komposition unterrichtet.

In Taleas II sind zwei Tendenzen wirksam: einerseits die Reduktion, andrerseits die Addition. In der ersten Hälfte des Stückes überwiegt ersteres, wo eine äußerst dichte Textur zu einer einzigen Linie ausgedünnt und danach wiederum in weit kürzerer Zeit wiederaufgebaut wird. Zum Schluß löst sich alles in dichte Wolken, die sich nur aus wenigen Elementen zusammensetzen, auf.

Ausdehnung, variative Wiederholung und die Gegenüberstellung von sich aus verschiedenartigen Texturen zusammensetzenden Verläufen mit einer Abfolge rhythmischer Muster sind die Basis dieser Komposition. Die Dichte innerhalb der Verläufe und bestimmte Kombinationen der Texturmaterialien werden mittels Zufallszahlen und Methoden der Netzwerktheorie bestimmt.

Ignacio Baca-Lobera


Das Theremin

"Wir stellten das elektronische Musikinstrument und ein Klavier in Wladimir Iljitschs Arbeitszimmer. Ich spielte die "Etüde" von Skrjabin, den "Schwan" von Saint-Saëns und die "Lerche" von Glinka. Begleitet wurde ich von der Privatsekretärin W. I. Lenins, Lydia Alexandrowa Fotijewa. Dann spielte Lenin auf dem Termenvox die Melodie der "Lerche" selbst. Nachdem er unter stürmischem Applaus geendet hatte, wandte er sich an die Anwesenden: 'Ich sage doch, daß die Elektrizität Wunder vollbringen kann. Ich freue mich, daß gerade bei uns ein solches elektrisches Instrument geschaffen wurde.' Auf seine Anordnung hin gab man mir eine Jahreskarte für die Eisenbahn, damit ich das neue Musikinstrument im ganzen Land vorführen konnte. Ich habe damals rund 180 Vorträge gehalten."

So beschrieb Lev Termen (auch Leon Theremin) die Präsentation seines neuen Instruments 1922 vor Lenin. Dieser zeigte sich so begeistert, daß er dem musikalischen Physiker eine Konzertreise durch die Sowjetunion und Europa, später nach Amerika ermöglichte.


Der Erfinder des Theremins (auch Ätherophon, Ätherwelleninstrument, Termenvox oder Thereminovox) und vieler anderer Geräte (Alarmanlagen, Rhythmikon - eine Art Rhythmusmaschine, Stroboskope etc.) wurde 1896 in St. Petersburg als Sohn einer aus Südfrankreich stammenden hugenottischen Adelsfamilie geboren. Dort studierte er Maschinenbau und Physik und nahm gleichzeitig Violoncello Unterricht. Im Jahre 1919 gründete er ein Versuchslabor für elektronische Oszillatoren am physikalisch-technischen Institut der Stadt St. Petersburg.

1920 führte Termen zum ersten Mal das Theremin der Öffentlichkeit unter dem Namen Ätherophon vor. Diese Bezeichnung läßt erahnen, wie unheimlich das Instrument gewirkt haben muß, da der Name andeutet, daß die Töne augenscheinlich "aus dem Äther" geholt werden. Eine besondere Eigenart des Theremins ist, daß es bei der Tonerzeugung vom Musiker nicht berührt wird. Vielmehr wird die Tonhöhe durch eine Spielantenne, welche zusammen mit der rechten Hand des Spielers einen Kondensator bildet, gesteuert. Die Lautstärke der einzelnen Töne, die durch Lautsprecher verstärkt werden, ist abhängig von der Distanz der linken Hand zur horizontal angebrachten Schlaufenantenne. Der erzeugte Ton ist, da er sehr wenige Obertöne besitzt, beinahe sinuswellenförmig. Durch Hinzufügen von Filtern können aber unterschiedliche Klänge erreicht werden.

Die Schwierigkeit der Handhabung des Instruments liegt in der sauberen Intonation, da die Abstände von einem Halbton zum nächsten zur Antenne hin immer kleiner werden. Um diese Probleme zu umgehen, entwickelte Theremin andere Versionen des Instruments, so zum Beispiel das monophone Vier-Oktaven-Tasten-Theremin 1928 und das zylindrische, an ein Violoncello erinnernde, Griffbrett-Theremin 1929/30.

Trotzdem wurde die Handhabung zu Beginn der Produktion von Musikalienhändlern gegenteilig dargestellt: "Das Ätherophon kann von jedem gespielt werden, der auch nur summen oder pfeifen kann." Schon bald standen zwei hervorragende Interpretinnen im Rampenlicht: Lucie Bigelow-Rosen und Clara Rockmore. Sie spielten auch - im Gegensatz zu Lev Termen, der hauptsächlich Violinliteratur (häufig am Rande des Kitsches) für Theremin adaptierte - eigens für das Instrument komponierte Werke.


Zur Theremin-Literatur haben Andrej Paschtschenko, Joseph Schillinger, Bohuslav Martinú, Anis Fuleihan, Edgard Varèse oder Alfred Schnittke mit Werken beigetragen.

1938 wurde Termin, der schon zehn Jahre in Amerika gelebt hat und mittlerweile verheiratet war, von sowjetischen Geheimagenten entführt und für sechs Monate in ein sibirisches Arbeitslager verschleppt. Danach wurde er zur Forschungsarbeit für das Militär gezwungen. In diesen Jahren entwickelte er unter anderem ein ferngesteuertes Flugzeug und die "Wanze". Ab 1964 erhielt er diverse kleine Anstellungen, die seiner Genialität nicht gerecht wurden. Ende der 70er Jahre wurde er von jüngeren russischen Künstlern und Komponisten wiederentdeckt und auf Symposien eingeladen. Erst 1989, nach mehr als 50 Jahren, durfte er ausreisen. Als Wegbereiter der elektronischen Musik besuchte er Festivals in Frankreich und 1991 die Einhundertjahrfeier der Stanford University. Lev Termin beschäftigte sich eingehend mit der Farben- und Lichtlehre und nahm 1993, in seinem Todesjahr, in Amsterdam an einem Schönberg/Kandinsky-Symposium für Probleme des Zusammenhanges von Farbe und Musik teil. Im selben Jahr hatte der Dokumentarfilm "Good Vibrations - The Electronic Odyssey of Leon Theremin" Premiere.

Aus dem von Termen entwickelten elektronischen System, das auf der Interaktion von Mensch und Antenne und deren Distanz beruht, sind noch viele weitere Instrumente hervorgegangen, wie Croix sonore, Elektronde, Elektronische Zaubergeige, Ethonium oder Sfaerofon.

Robert A. Moog entwickelte zwischen Mitte der 50er und der 60er Jahre fünf Modelle des Theremins und applizierte sein Funktionssystem auf ein Instrument, das für John Cages "Variations V" entwickelt wurde. Mehrere Tänzer erzeugten zwischen aufgestellten Antennen die Töne.

Auch in der Popmusik wurde der Klang des Theremins verwendet: die Beach Boys in "Good Vibrations", Led Zeppelin in der Musik zu ihrem Film "The Song Remains The Same" etc. Besonders oft hört man das Theremin in der Musik zu Horror- und Science-fiction-Filmen bis in die 60er Jahre. Mit dem Revival dieser Zeit erlebt auch das Theremin, von dem es mittlerweile MIDI-Versionen gibt, seine Wiederentdeckung.

Marie-Therese Rudolph


Weiterführende Links im Internet

The Theremin Homepage (USA)




Ausführende


ENSEMBLE ON LINE VIENNA

MUSIC ON LINE, ein Verein mit etwa 50 fast ausschließlich komponierenden Mitgliedern richtet mit einem zuletzt auf etwa eine halbe Million angewachsenen Budget etwa 5-10 Veranstaltungen im Jahr aus. Co-Veranstalter und Gastgeber sind die Stätten der Musikhochkultur: Musikverein (Konzertzyklus "Novitäten" in der Saison 1990/91) und Konzerthaus, der Klangbogen oder die Nationalbibliothek. Im Jahre 1992 wurde das ENSEMBLE ON LINE VIENNA gegründet, ein kammerorchestraler Klangkörper, dessen Kern immer von denselben Musikern gebildet wird. Es ist so wandlungsfähig, wie man es sich wünscht: vom reinen Streichorchester bis zum Kammerorchester oder zum Solistenensemble. Beinahe jedes Jahr macht das ENSEMBLE ON LINE VIENNA unter seinem ständigen Dirigenten Simeon Pironkoff jun. eine Konzertreise ins Ausland (Bulgarien, Italien, Polen, in [naher] Zukunft auch Deutschland). 1994 entstand mit einem Sponsor aus der Wirtschaft eine CD mit dem Titel "Hölderlin-Fragmente". Eine zweite CD mit Orchesterwerken von polnischen und österreichischen Komponisten des 20. Jahrhunderts wurde vor kurzem vorgestellt.

Wer sagt, er tut etwas für die Musik, tut natürlich - auch - etwas für sich selbst. MUSIC ON LINE wollte als Gründungszweck im Jahre 1988 jungen Komponisten, die nicht mehr das Forum der Ausbildungsstätte genießen, Gehör verschaffen. Darunter waren auch die drei Gründer - Wolfram Wagner, Michael Meixner und Hannes Heher -, die für sich aber nicht mehr als demokratische Rechte an Präsenz forderten. Nur mehr letzter ist als Obmann weiterhin der Motor des Vereins. Um auch die vielfältige typisch österreichische Tradition kennenzulernen, präsentierte jedes der bisher fast 50 Konzerte nicht nur den komponierenden Nachwuchs, sondern stellte in fast allen Konzerten einen bedeutenden österreichischen Ungehörten ins Zentrum: So waren Kompositionen von Apostel, Brand, Burt, Eisler, Füssl, Gal, Haubenstock-Ramati, Hauer, Heiller, Kahowez, Kaufmann, Kienzl, Kratochwil, Krenek, Lustgarten, Marx, Pressl, Rubin, Schiske, Schollum, Spinner, Sulzer, Uhl, Ullmann, Wellesz, Wildgans oder Zemlinsky zusammen mit Arbeiten der jüngsten österreichischen Komponistengeneration zu hören. Ein auch publikumsträchtiges Konzept, das in der letzten Zeit in Richtung wichtiger Zeitgenossen außerhalb Österreichs ausgeweitet wurde (u.a. Berio, Bernstein, Boulez, Britten, Fortner, Henze, Kagel, Lachenmann, Lombardi, Lutoslawski, Rihm, Stockhausen, Yun).


Querflöte: Eugen Bertel
Oboe: Isabelle Cholette
Klarinette: Georg Riedl
Fagott: Christof Dienz
Horn: Balduin Wetter
Trompete: Franz Wallner
Posaune: Sigmund Andraschek
Klavier: Mathilde Hoursiangou
Percussion: Berndt Thurner
Violine: Barbara Helfgott, Alexandra Petkova
Viola: Wolfram Fortin
Violoncello: Barbara Körber
Kontrabaß: Mirek Walega



Solistinnen


Lydia Kavina (* 1967 in Moskau) - Theremin

Großnichte von Lev Termen (dem Erfinder des Theremin) und eine der wenigen professionellen Thereminspieler der Welt. Bereits im Alter von 9 Jahren begann sie ein 5-jähiges Studium des Instruments bei ihrem Großonkel, und mit 14 Jahren feierte sie ihr Debüt als Theremin-Spielerin. Seither hat sie an die 500 Konzerte in Rußland, Europa, den Vereinigten Staaten und Brasilien gespielt. Daneben betätigt sich Lydia Kavina auch als Komponistin und verwendet in ihren Stücken häufig das Theremin. Sie studierte Musiktheorie an der Moskauer Musikhochschule und später Komposition am Tschaikowsky-Konservatorium in Moskau wo sie 1992 mit Auszeichnung ihren Abschluß machte.


Mathilde Hoursiangou (* in Paris) - Klavier

Studierte am Pariser Conservatoire National Supérieur Klavier (Konzertfach), Liedbegleitung und Kammermusik. Ab 1989 setzte sie ihre Studien an der Wiener Hochschule für Musik und darstellende Kunst fort, an der sie mittlerweile als Vertragslehrerin arbeitet. Besonders intensiv setzt sie sich mit der Musik unseres Jahrhunderts auseinander. Sie tritt als Solistin und Kammermusikerin in In- und Ausland auf und spielt regelmäßig mit renommierten Musikern und namhaften Ensembles wie z.B. dem Klangforum Wien, dem RSO Wien und dem ENSEMBLE ON LINE VIENNA zusammen.
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