Erwin Bohatsch

1951 geboren in Mürzzuschlag, Österreich
Lebt und arbeitet in Wien und Beistein (Steiermark), Österreich

Erwin Bohatsch

1951 geboren in Mürzzuschlag, Österreich
Lebt und arbeitet in Wien und Beistein (Steiermark), Österreich

Persönliche Daten

1971-76 Studium der Malerei an der Akademie der Bildenden Künste Wien
1983 Otto Mauer-Preis
1984-85 DAAD Stipendium für Berlin-Aufenthalt
1996 Preis der Stadt Wien
  Lehrtätigkeit
1992 Internationale Sommerakademie Salzburg
1993 Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst, Gomera
1994 Berliner Sommerakademie, Bildende Kunst
seit 2005 Professur für Abstrakte Malerei an der Akademie der bildenden Künste, Wien

Zum Werk

 
"Die Grenze der Wahrnehmung ist alles, was es zu sehen gibt", Michael Lüthy über die neueren Malereien von Erwin Bohatsch.1
 
Erwin Bohatsch beginnt seine künstlerische Laufbahn in den späteren 1970er Jahren. Ab den 1980er Jahren bewegt er sich als sehr eigenständige Position im Dunstkreis der „Neuen Wilden“, die nach den theorielastigen Avantgardeströmungen der 1960er und 70er Jahre ein wieder aufkommendes Interesse an Malerei per se haben. Die „Neuen Wilden“ schufen ab etwa 1980 figurative, hierzulande aber auch abstrakte Bilder, die durch einen gestisch-expressiven Pinselstrich geprägt sind.
In Bohatschs Arbeiten dieser Zeit herrscht meist eine dunkle Farbigkeit vor, die mit expressivem Pinselstrich aufgetragen ist. In Bildern, wie „Der Fluß“ (1982) oder „Das gefundene Herz“ (1983), die mit ihrer archaischen Formensprache an afrikanische Stammeskunst erinnern, wird das Interesse des Künstlers an außereuropäischer Volkskunst deutlich: „Ich habe da eine Kraft gespürt, einen sehr unvermittelten Ausdruck, und das hat eine Sehnsucht nach einem Zustand geweckt, der außerhalb der Kunst ist.“2
Dem visuellen Ausdruck, dem Auratischen der Kunst gilt schließlich sein großes Interesse. Nicht von ungefähr kommt sodann das Anliegen des Künstlers, mit seinen Bildern die Grenzen der Malerei auszuloten. Es geht Bohatsch nicht um Narration, nicht um die Erweiterung des Medienbegriffes oder um ein Einbeziehen anderer als malerischer Techniken.3 Bohatsch versucht eher mit seinen Bildern neue Definitionen von Malerei zu finden.
Dies war umso wesentlicher, als etwa 1985 der Markt für die heftige, meist figürliche Malerei der „Neuen Wilden“ einbrach, die Bohatsch ebenfalls in seinen frühen Jahren betrieb, doch sich bisweilen von ihr distanziert hat. Der Künstler positionierte sich neu und unterzog seine Malerei einem grundlegenden Wandel von rein gegenständlicher Erfahrbarkeit zu einer Abstraktion, bei der der malerische Prozess und die Materialität der Werke im Vordergrund stehen.
 
Die Malereien ab den späten 1980er Jahren sind durch verschiedenste Netz- und Gitterstrukturen gekennzeichnet, die Bohatsch in seinen Arbeiten nun integriert. Die anfänglich dunkle Farbpalette ist bei vielen Gemälden nun aufgehellt, wie die Arbeit „Gestänge“ (1989) zeigt. Bereits in dieser Arbeit werden jene feinen malerischen Nuancierungen der Oberflächenbehandlung sichtbar, die in seinen späteren Arbeiten konstituierend sein werden. 
Im Laufe der 1990er Jahre lässt sich zusehends eine weitere Reduktion auf minimale malerische Spuren in  seinen Werken erkennen. Bohatsch erzeugt durch einseitiges Anheben der Leinwand und Abziehen mit einem Rakel Farbbahnen, die feinste Schattierungen auf der Leinwand zulassen. Manchmal entstehen bei diesem Prozess auch Stellen, an denen die rohe Leinwand hervortritt. Diese „Fehlstellen“ stören den Künstler nicht und machen deutlich, welchen hohen Stellenwert der Moment des Prozessualen hat.
Viele seiner Arbeiten muten in dieser Zeit fast wie monochrome Gemälde an, wobei es für den Betrachter oft schwer ist, die lasierenden Schichten optisch auseinanderzuhalten. Licht und Farbe -­ die ureigensten Aspekte der Malerei ­- die malerische Strukturen je nach Blickwinkel unterschiedlich betonen, werden hier erneut in den Mittelpunkt des Kunstschaffens gerückt („Ohne Titel“, 1993).
Das  Faszinierende an Bohatschs neueren Arbeiten ist der durch viele matte und reflektierende Schichten entstehende Eindruck von Tiefenräumlichkeit, der den Betrachter dazu verführt, sich in einen malerischen Raum einzulassen. Mit fortschreitender Minimalisierung der Malerei wird es für den Betrachter jedoch zunehmend schwieriger, jeglichen traditionellen Anhaltspunkt der Malerei, wie Grund, Form oder Tiefe zu erfassen. So bleibt dem Betrachter nur noch die pure Malerei, die seine Wahrnehmung herausfordert und ihn dazu bringt, sich mit dem eigenen Sehen und Verständnis von Malerei auseinanderzusetzen.
 
 
Viktoria Tomek
 
 
1) Zitat Michael Lüthy, in: Erwin Bohatsch, AK Kunsthaus Bregenz, Bregenz 1998, S. 7.
2) Zitat Erwin Bohatsch, in: Ausschnitte eines Gesprächs zwischen Edek Bartz und Erwin Bohatsch, hrsg. Liechtensteinischen Staatlichen Kunstsammlung, Wien 1998, S. 3.
3) Markus Mittringer, „Die teure Haut der Malerei“, in: Der Standard – Kultur: Ausgabe vom 1. Dezember 1998.
 
 
Erwin Bohatsch1 / 6
Der Fluss, 19822 / 6
Das gefundene Herz, 19833 / 6
Gestänge, 19894 / 6
Ohne Titel, 19935 / 6
Ohne Titel, 19936 / 6
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