Jannis Kounellis

1936 geboren in Piräus, Griechenland
2017 gestorben in Rom

Jannis Kounellis

1936 geboren in Piräus, Griechenland
2017 gestorben in Rom

Persönliche Daten

1956 Kunststudium an der Akademie der Bildenden Künste, Rom
1960 erste Einzelausstellung "L'alfabeto di Kounellis", Galleria La Tartaruga, Rom
1972 Teilnahme an der documenta 5, Kassel und an der XXXV. Biennale in Venedig
1977 Teilnahme an der documenta 6, Kassel
1978/80 Teilnahme an der XXXVIII. und XXXIX. Biennale in Venedig
1980 Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD
1982 Teilnahme an der documenta 7
1984/88 Teilnahme an der XL. und XLII. Biennale in Venedig
1991 Projekt zur Geschichte der Synagoge Stommeln
1992/93 Skulpturenprojekt Platzverführung in Münster
1994 Oskar-Kokoschka-Preis
1993-2001 Professor an der Kunstakademie Düsseldorf sowie Teilnahmen an zahlreichen internationalen Einzel- und Gruppenausstellungen

Zum Werk

„Mir geht es nicht darum, einen Stil zu finden. Ich bin immer auf der Suche nach einer Einheit, die ein Geschichtsbild vermittelt.“1

Jannis Kounellis

Die zweiteilige Installation „Ohne Titel“, die Jannis Kounellis 1999 für die Eröffnungsausstellung des Essl Museums entworfen hat, weist, wie so oft bei diesem Künstler, assoziative Verbindungen zum Ort, hier zur nahe gelegenen Donau, auf. An einem raumhohen Metallmast (ca. neun Meter hoch) hängen die Teile eines verwitterten Holzbootes. Sie weisen deutlich die Spuren des Alters auf, aufgequollenes Holz, abgeblätterter Bootslack, man spürt, dass dieses Boot häufig im Einsatz war und überlegt, wer wohl mit ihm fuhr, was transportiert wurde und wo überall es gewesen sein mag und es vor Anker ging. Hier werden vom Künstler Materialreste vorgeführt, die Geschichte gespeichert haben und in ihrer Vergänglichkeit durchaus Assoziationen wie Würde und Schönheit zulassen. Zudem fällt der große Kontrast der rauen Holzwrackteile und dem glatten Metallmast ins Auge. Dies erlaubt die Frage, was nun schöner sei, der Mast oder die Wrackteile. Einen ähnlichen Materialkontrast zeigt uns Kounellis auch im hinteren Teil der Rauminstallation, ein Metallregal auf dem alte benutzte Jutesäcke liegen.

„Neben Balken spielen in Kounellis’ Schaffen auch Säcke eine wichtige Rolle. Gefüllt mit Grundnahrungsmitteln oder ausgeleert und fein säuberlich zusammengelegt, in Vitrinen ausgestellt oder nach dem Gebrauch scheinbar achtlos liegen gelassen. Es sind immer benutzte Säcke, schmutzig, staubig, löchrig und mit Öl verschmiert tragen sie die Spuren einer weiten Reise mit sich. Kounellis scheint sie überall einzusetzen und sie scheinen ihn auch schon sein ganzes Leben lang zu begleiten, seit seiner Kindheit im Hafen von Piräus, wo Handelsgüter aus der ganzen Welt eintrafen und sein Vater Schiffsbauingenieur war. Es ist erstaunlich, wieviel sich von dieser maritimen Welt noch in den Installationen von Kounellis wiederfindet, obwohl er auf die lokale Geschichte seiner Ausstellungsorte eingeht, die, wie hier, weit im Landesinneren liegen. Er kann sich durchaus auf die Donau beziehen und trotzdem vom Meer erzählen.“2

Kounellis, ein Mitbegründer der „Arte Povera“, legt großen Wert auf eine sehr sorgfältige Materialauswahl für seine Installationen, er recherchiert oft aufwendig nach dem für diese spezielle Situation passenden Material, wie hier den Jutesäcken und den Bootsteilen. Auch die Metallteile weisen nach genauerer Betrachtung Spuren von Gebrauch auf und sind nicht so glatt und geschichtslos wie sie zu Beginn erscheinen. Kounellis’ Installation veranschaulicht uns, dass in diesen einfachen, von Gebrauch gezeichneten Gegenständen und Materialen durchaus eine Poesie zu finden ist und führt uns in den Zauber ihrer Geschichte(n) ein. Als Betrachter braucht man nur ein wenig Zeit und kann sich dann ganz darauf einlassen.

Andreas Hoffer
1) Zitat Jannis Kounellis, in: Angela Schneider und Anke Daemgen (Hg.), Jannis Kounellis in der Neuen Nationalgalerie, AK Neue Nationalgalerie, Berlin; Ostfildern: Hatje Cantz, 2008, S. 219.
2) Alexander Urosevic, „Eine Reise mit Jannis Kounellis“, in: Schönheit und Vergänglichkeit, AK Essl Museum, Klosterneuburg, 2011.
Jannis Kounellis1 / 2
Ohne Titel2 / 2
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