Antoni Tàpies

1923 geboren in Barcelona
2012 gestorben in Barcelona

Antoni Tàpies

1923 geboren in Barcelona
2012 gestorben in Barcelona

Persönliche Daten

1942-43 Lungenkrankheit und lange Zeit der Rekonvaleszenz im Sanatorium von Puig d’Olena
1943 Beginn des Jusstudiums an der Universität von Barcelona, das er kurz vor dem Examen abbricht
1946 Anmietung eines Ateliers in Barcelona
1951 er besucht Pablo Picasso in seinem Studio in Paris
1960 Preis der Internationalen Biennale für Grafik in Tokio
1964 Preis der Guggenheim Foundation, New York
Zeigt seine Arbeiten in einem eigenen Raum auf der documenta 3 in Kassel
1970 Teilnahme an einer geheimen Versammlung im Kloster Montserrat, um gegen den sog. „Prozess von Burgos“ zu protestieren, in dem ein Militärgericht Gegner der Franco-Diktatur verurteilt
1981 Auftrag der Stadt Barcelona für ein Monument für Picasso, Einweihung 1983
Verleihung der Goldmedaille für Kunst durch den spanischen König Juan Carlos
1984 Gründung der Stiftung Fundació Antoni Tàpies
1984 Friedenspreis der spanischen Gesellschaft für die Vereinten Nationen
1988 Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität von Barcelona
1990 Ernennung zum Ehrendoktor der Universität Glasgow
1992 Ehrenmitglied der Royal Academy of Arts, London
2003 erhält den Premio Velázquez de las Artes Plásticas des spanischen Ministeriums für Unterricht und Kultur
2005 San Sebastián und Barcelona präsentieren ein gemeinsames Projekt von Antoni Tàpies und José Saramago, das Elkarri unterstützt, eine soziale Bewegung, die sich für einen friedlichen Dialog zur Lösung des Baskenkonfliktes einsetzt.
2010 Die Fundació Antoni Tàpies in Barcelona wird nach zweijäriger Umbauphase wiedereröffnet


Zum Werk

„Meine Werke lassen in der Tat mehrere Lesarten zu. Indem man aber die Dinge suggestiv lässt, gewinnt man einen sehr viel größeren Spielraum der Assoziationen, die ich beim Betrachter in Gang setzen möchte. Ich habe beobachtet, dass, wenn man die Dinge nur andeutungsweise zeichnet, der Betrachter gezwungen ist, sie mit seiner eigenen Imagination zu ergänzen. Das zwingt zu einer Beteiligung des Betrachters […] am kreativen Akt, was ich für sehr wichtig halte.“ 1

Die gestische Figuration der informellen Malerei in Paris bestimmt auch das Frühwerk von Antoni Tàpies. Später setzt der Künstler Farbe als Substanz ein und verwendet als Farbmaterial unter anderem Erde, Leim, Gips, Sand, Teer und Schamotte. Spirituell aufgeladene Symbole und Zeichen, Mauerkritzeleien und das Haptische des Materials verbinden sich zu seiner Bildsprache. Tàpies interessiert das Objekt in der Malerei in Gestalt von Türen, Toren, Bettgestellen, Stühlen, Sesseln, Mützen, Säcken und Buchdeckeln.

Die Entstehung der „Objektbilder“ verlangt nach Werkzeugen wie Spachteln, Schaben, Kratzern, um das farbige Material auf den Bildträger zu bringen und das geschichtete Material wieder zu bearbeiten, hineinzuritzen, hineinzuschreiben. Die Bildlichkeit funktioniert auf zwei Ebenen, der Ebene der Materialsprache und der Ebene der Zeichnung.

Tàpies’ scheinbare Abstraktionen haben eine hohe materielle und reale Präsenz. Der Künstler spielt mit unterschiedlichen Bedeutungen von Zeichen und Realitäten, wie sich an der Kreuzform nachvollziehen lässt. Tàpies versteht das Kreuz als Ausdruck der Balance von Vertikalem und Horizontalem, Materie und Geist, Geburt und Wiedergeburt und mathematisches Zeichen. Nicht zuletzt bedeutet es für ihn auch eine Referenz auf den Anfangsbuchstaben seines Namens, der sich vom katalanischen Tàpia, Mauer, herleitet. Dem Einfluss der Mauer konnte sich Tàpies nicht entziehen, dies liegt scheinbar im seltsamen Schicksal seines Namens begründet.

In den Materialtableaus spiegeln sich auch die Orte seiner Kindheit, die verwitterten Mauern der Altstadt Barcelonas wieder. Die Mauer ist Motiv, Thema und Technik zugleich. Sie dient nicht nur als Anregung für seine Arbeit, als ein Ort von Kommunikation, für Graffiti, Zeichen und Spuren der Zeit; im übertragenen Sinne wird das Motiv Mauer selbst zum Bildträger. Seine Leinwände und Holzbretter werden als Teil des Privatraumes zu öffentlichen Mauern, Hauswänden und Fassadenflächen. Sie bieten Platz für Zeichen und tragen in Muster und Texturen Vergangenheit in sich; Vergangenes und Gegenwärtiges verschmilzt zu einer fragmentarisch wiedergegebenen Menschheitsgeschichte.

Mela Maresch
1) Antoni Tàpies, in: Barbara Catoir, Gespräche mit Antoni Tàpies, München: Prestel Verlag, 1997, S. 101.

Antoni Tàpies, 19981 / 1
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