Erwin Wurm

1954 geboren in Bruck an der Mur (Steiermark), Österreich
Lebt und arbeitet in Wien und Limberg, Niederösterreich

Erwin Wurm

1954 geboren in Bruck an der Mur (Steiermark), Österreich
Lebt und arbeitet in Wien und Limberg, Niederösterreich

Persönliche Daten

1977-79 Studium am Mozarteum, Salzburg
1979-82 Studium an der Hochschule für angewandte Kunst, Wien und an der Akademie der bildenden Künste, Wien

Zum Werk

"Bildhauerei ist Arbeit am Volumen … Zu- und Abnehmen ist Bildhauerei." 1

Erwin Wurm gehört zu den international erfolgreichsten Künstlern Österreichs. Mit seinem Namen ist untrennbar die „Erweiterung des Skulpturenbegriffes“ verbunden. Wurm spielt mit dem Grenzbereich zwischen Skulptur, Aktion und Performance und hat das Feld der Bildhauerei um entscheidende Akzente erweitert. Sein Werk umfasst Skulpturen, Installationen, Aktionen, Videos, Fotografien und Zeichnungen. Die zentrale Fragestellung des Künstlers lautet: „Kann ich mit dem Begriff des Skulpturalen den Alltag und unsere Zeit bearbeiten und eine neue Perspektive oder neue Interpretationsmöglichkeit gewinnen?“2. Alles kann bei Wurm zur Skulptur werden: Handlungen, geschriebene, fotografierte oder gezeichnete Anweisungen, selbst ein Gedanke.

Sein künstlerisches Schaffen spannt sich von frühen Staubskulpturen (Ende der 1980er Jahre) über die bekannten „One Minute Sculptures“ (ab den 1990er Jahren) – bei denen Personen mit Alltagsgegenständen innerhalb einer Ausstellungssituation posieren oder Fotografien von „Skulpturen“ angefertigt werden – bis hin zu den Raum füllenden „Fat Cars“ oder „Fat Houses“ (ab 2001). Wurm interessiert es, die Maßstäbe von Dingen zu verändern: Statussymbole, wie Autos oder Häuser, werden fett, andere, wie das Guggenheim-Museum, beginnen zu schmelzen („Guggenheim melting“, 2005).

Hinter der vordergründig skurril-witzigen Oberfläche der Arbeiten verbirgt sich ein philosophisch-gesellschaftskritischer Ansatz. Das immer wiederkehrende Motiv der Kleidung in Objekten und Fotografien steht für die repräsentative soziale Hülle, für die schützende zweite Haut des Menschen und thematisiert das Gefangensein des Individuums in seinem gesellschaftlichen Kontext. Skulptur gewordene Gegenstände, wie das in Österreich allseits beliebte Essiggurkerl („Selbstportrait als Essiggurkerl“, 2010), zeigen exemplarisch banale Alltagsrealitäten auf. Der Repräsentant für den Mensch ist in Wurms Arbeiten nicht mehr er selbst, sondern wie er lebt – versinnbildlicht durch sein Auto, seine Kleidung, seine Wohnung oder durch ein normales Essiggurkerl.

Eigens für die Ausstellung „Private Wurm“ im Essl Museum entstand die Arbeit „Narrow House“, 2010, das originalgetreu nachgebaute Elternhaus des Künstlers – allerdings auf nur etwa einen Meter in der Breite zusammengequetscht. In diesem neuen Werk hinterfragt Wurm auch das Bild, das wir von der Realität und der Welt haben. Er untersucht, wie sich unsere Wirklichkeit und Identität aufgrund der Realitätsdarstellungen in den Medien verändert. Die Realität, so Wurm, werde fortlaufend dem medialen Bild der Realität angepasst. Erwin Wurm begegnet dieser existenziellen Verunsicherung mit den Stilmitteln der Übertreibung, der Ironie und der Komik.

Günther Oberhollenzer
1) Erwin Wurm, in: „Erwin Wurm im Gespräch mit Günther Oberhollenzer und Karin Altman“, Katalog zur Ausstellung Private Wurm, Essl Museum, Klosterneuburg / Wien, 2010, S. 70.
2) Ebd. S. 68f.
Erwin Wurm vor seinem „Narrow House“1 / 5
Fat car convertible, 20052 / 5
Ohne Titel, Aus der Serie "59 Stellungen", 19923 / 5
Wittgenstein House melting, 20054 / 5
Guggenheim melting, 20055 / 5
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