[bracket] #4

Improvisation on historical and contemporary electronic instruments

[bracket] #4

Improvisation on historical and contemporary electronic instruments
Mi, 08.11.2000, 20:00 Uhr

Essl Museum

Quartett im Großen Saal der Sammlung Essl, in dem die Skulpturen und Installationen der Sammlung Essl ausgestellt sind. Improvisation.
Christof Kurzmann: G3
Helge Hinteregger: sampler
Jack Hauser: MS20, Theremin
Dieb13: Turntables


Quartett im Großen Saal der Sammlung Essl, in dem die Skulpturen und Installationen der Sammlung Essl ausgestellt sind. Improvisation. Jack Hauser, Helge Hinteregger, Dieter Kovacic und Christof Kurzmann operieren mit ihren Geräten wie Musiker mit herkömmlichen Instrumenten und münzen die spieltechnischen Möglichkeiten in musikalisches Spiel um.


Christof Kurzmann fühlt sich als Musikant, der Tongeneratoren verwendet, um Sounds herzustellen. Sein Instrument ist ein G3, für den Software-Versionen von Samplern, Effektgeräten, einem Mischpult und Kabeln geschrieben sind, die virtuell und nicht materiell existieren. Kurzmanns vorrangiges Interesse ist die Improvisation ohne Vorgaben, er sucht die direkte Aueinandersetzung und Korrespondenz mit seinen musikalischen Partnern. Mitunter bereitet er aber auch bereits gesampeltes Material von anderen Tonquellen, etwa von Straßengeräuschen oder der Aufnahme eines Musikstückes, zum Einsatz vor.

Dieter Kovacic (Künstlername: Dieb 13) macht einen Plattenspieler zu einem vielseitig verwendbaren Instrument: Er erweitert dessen Funktionen, indem er Federn statt Nadeln als Klangabtaster einsetzt, er setzt ihn selbst als Klangquelle ein, indem er ihn zu Geräuschen wie Kratzen und Schaben bringt, er spielt Platten nicht nur in der vorgeschriebenen Laufrichtung ab, er verändert deren Spieltempo und er verwendet ausschnittweise den klanglichen Inhalt der Platten, die er wie ein DJ für bestimmte Events aussucht.

Helge Hinteregger lädt Sounds auf den Sampler, formt sie um, bringt sie der musikalischen Bewegung entsprechend in den Dialog mit den anderen Musikern ein. Mitunter bindet er ein herkömmliches Instrument - in seinem Fall das Saxophon - in den Prozess der klanglichen Erzeugung und des musikalischen Prozesses ein.

Jack Hauser pflegt gewissermaßen eine «historische elektronische Aufführungspraxis», indem er ein von dem Russen Lew Termen in den 20er Jahren erfundenes Gerät, das als der erste Synthesizer gelten kann, und einen MS20, legendärer monophoner Roland-Synthesizer, einsetzt. Von Theremins Erfindung geht eine okkulte Aura aus: Das aus zwei Antennen bestehende Instrument entwickelt eine magnetische Spannung im Raum, die verschiedene Ton- und Klangerscheinungen auslöst, je nachdem, wie nahe man sich ihm mit der körperlichen Wärme der Hände nähert. [Der Klang entsteht nicht nur im Raum, sondern aus dem Raum heraus] Manche Musikerhände waren und sind so virtuos begabt, daß schwierigste Musikstücke auf dem Theremin gespielt werden konnten und können. In den 30er und 40er Jahren wurde es zu einem ernstzunehmenden Instrument, für das arrivierte Komponisten wie Carl Orff Stücke komponierten; inzwischen erlebt es eine Renaissance, wenn es etwa Brian Wilson von den Beach Boys verwendet oder Jack Hauser in den elektroakustischen Diskurs einbringt.

In Hinblick auf die Vielfalt der verwendeten Instrumente ist die improvisierende Viererschaft von Kurzmann, Kovacic, Hinteregger und Hauser - will man es mit herkömmlichen instrumentalen Besetzungen vergleichen - kein Streichquartett mit vier verwandten Klangerzeugern, sondern etwa ein Quartett aus je einem Blas-, Perkussions-, Streich- und Tasteninstrument. Die Musiker suchen das Zusammenspiel mit den autonomen Instrumenten. Christof Kurzmann schafft gelegentlich Verschmelzungen der Autonomien, indem er Klänge von anderen Instrumenten in seinen Computer einspeist und direkt und gleichzeitig in neu entwickelte Klänge umsetzt.

Was der Computermusiker bei der Vielfalt der gestalterischen Möglichkeiten immer in seinem Bewußtsein trägt: Er kann mit einem einzigen Sinuston leben, den er ständig transformiert und generiert und aus ihm eigenständige und immer wieder einzigartige Klanggestalten und musikalische Figuren macht.

© 2000 by Rainer Lepuschitz / WIEN MODERN
in: Almanach WIEN MODERN 2000, hrsg. von Berno Odo Polzer (Wien 2000)
1 / 1
Impressum