In the Cage

Eine multimediale Raumperformance für das SCHÖMER-HAUS

In the Cage

Eine multimediale Raumperformance für das SCHÖMER-HAUS
Sa, 21.02.1998, 20:00 Uhr

Das Schömer-Haus

John Cage (1912-1992) gilt zu Recht als einer der wichtigsten Komponistenpersönlichkeiten dieses Jahrhunderts: sein radikaler Bruch mit der musikalischen Tradition, die Erweiterung des Musikbegriffs bis hin zur Einbeziehung des Alltagsgeräusches und nicht zuletzt sein Konzept der "Unbestimmtheit" ("indeterminacy") haben mannigfache Spuren hinterlassen, nicht nur im Bereich der Musik.
John Cage (1912-1992) gilt zu Recht als einer der wichtigsten Komponistenpersönlichkeiten dieses Jahrhunderts: sein radikaler Bruch mit der musikalischen Tradition, die Erweiterung des Musikbegriffs bis hin zur Einbeziehung des Alltagsgeräusches, die Verwischung der Grenzen zwischen den Künsten, die Öffnung des Raumes und nicht zuletzt sein Konzept der "Unbestimmtheit" ("indeterminacy") haben mannigfache Spuren hinterlassen, nicht nur im Bereich der Musik. Denn Cage, der vielleicht letzte Polyhistor, war in vielen Gebieten gleichermaßen zu Hause; ihn nur als Komponisten zu sehen, verengt den Blick auf das enorm breite Spektrum seines Lebenswerkes: von überragender Bedeutung sind seine literarischen Arbeiten, das bildnerische Werk und sein unglaubliches mykologisches Fachwissen, nicht zu schweigen von seinem pointiert vorgetragenen philosophischen und anarchistischen Denken. Wo oftmals Grenzen und Demarkationslinien gezogen werden, dort hat Cage mit Vorliebe gewildert und durch sein sanftes Beispiel immer andere und neue Denk- und Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt.

Das SCHÖMER-HAUS mit der architektonischen Offenheit seiner Großen Halle und der darin beherbergten "Sammlung Essl" bietet sich als idealer Ort für eine multimediale und vielschichtige Auseinandersetzung mit Cage's Denken an: in einem langen Vorbereitungsprozeß wurden verschiedene Künstlerpersönlichkeiten aus unterschiedlichen Sparten für dieses Projekt gewonnen, die die Bereitschaft mitbrachten, sich in einer mit Hilfe von Zufallsoperationen generierten Zeitpartitur ganz individuell mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln einzubringen. Erst im Moment der Aufführung vernetzen sich die voneinander völlig unabhängig ausgearbeiteten medialen Schichten durch die Vermittlung des Raumes und das ihn durchflutende Licht zu einem - heterogenen - Prozess, der auf nichts verweist als sich selbst, und durch diese Absichtslosigkeit vielleicht wieder zu einer Metapher wird: zu der des Lebens selbst.

Dr. Karlheinz Essl
Musikintendant des SCHÖMER-HAUSES



Performer


Choreographie: Rose Breuss

Tanz: "Easy Pieces Project" des Bruckner-Konservatoriums Linz
Thomas Hanslmaier
Sandra Hofstötter
Katja Moser
Barbara Mülleder
Isobel Novak
Christina Seiberl
Daniela Wapper

Puppenspiel: Christoph Bochdansky

Lichtdesign: Philipp Harnoncourt

Tontechnik & Live-Elektronik: Karl Petermichl

Klavier: Johannes Marian
Schlagzeug: Elisabeth Flunger
Flöte: Sylvie Lacroix
E-Cello & Live-Elektronik: Jeffrey Krieger

Computer & Lichtsteuerung: Karlheinz Essl



Ausgangspunkte


DER RAUM
Das Innere des SCHÖMER-HAUSES mit den drei offenen, umlaufende Galerien, zwei Aufzugsschächten, die Treppe als Raum im Raum, die Lichtkuppel, der schallharte Marmorboden. Gitterstäbe. Und die Ellipse als zentrale Raumform.


DIE ZEIT
Ein Gesamtablaufvon 70 Minuten aus mehreren synchron ablaufenden medialen Schichten, die keinerlei Koordination untereinander aufweisen. Jede Schicht besteht aus 35 Minuten Aktionen und 35 Minuten Pausen, wobei diese Zeitmengen wiederum in verschieden lange Abschnitte geteilt wurden. Aus der fortwährenden Abwechslung von zufällig gewählten Aktions- und Pausendauern ergibt sich eine Zeitpartitur, die auf der nächsten Doppelseite verkleinert wiedergegeben wird.


DIE BEWEGUNG
Der Verlauf der Donau zwischen Linz und Klosterneuburg wird als Spannungskurve interpretiert, die von den TänzerInnen als bewegungsbildendes und räumliches Element verwendet wird. Die Choreographie gibt den Tänzern zufällig ausgewählte Bewegungsmotive vor, mit denen sie improvisieren. Andere Bewegungsabläufe wurden mit Hilfe der Tanzschrift (Laban-Notation) genau ausnotiert und einstudiert.


DAS LICHT
Acht Lichtsituationen, die Philipp Harnoncourt gestaltet hat, werden von einem Computerprogramm gesteuert, das mittels Zufallsoperationen die Helligkeitsverläufe der einzelnen Scheinwerfer regelt. Dadurch beginnt der Innenraum selbst zu atmen: er verändert dabei nicht nur seine subjektiv wahrgenommene Größe, sondern auch seine Form und Ausdehnung und wird so zu einer sich ständig wandelnden Bühne für Tänzer, Musiker, Objekte und Publikum.


DER KLANG
Den Musikern wurde es freigestellt, ihre Zeitpartitur aus folgenden Musikstücken bzw. Zufallskonzepten von John Cage selbst zu gestalten: dem Material zum Klavierkonzert (1957-58), den Variations (1958 ff.), dem Schlagzeugsolo 27'10" 544 (1956) und den Solostimmen aus Musik for... (1984 ff.). Der Flötenpart wird ebenso wie das E-Cello live-elektronischen Manipulationen unterworfen. Nicht zu überhören: Die Schritte der Tänzer. Das Summen des Aufzuges. Die vorbeifahrenden Züge. Die Geräusche des Publikums.



Performer


Rose Breuss (* 1962 in Vorarlberg). Tanzstudium an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Wien (Diplom 1985). Auslandsstudien an der Tanzakademie Amsterdam, der Temple University of Philadelphia und der University of Guildford (Laban-Notation).
      Seit 1988 freischaffende Choreographin und Tänzerin. Solostücke und Gemeinschaftsproduktionen u.a. mit Alfred Peter (Film), Uli Aigner (Video), Johannes Marian (Klavier) und Christoph Bochdansky (Puppenspiel). Sie erhielt 1991 den Max Brand - Preis für elektronische Musik.
      Aufführungen im In- und Ausland (Wien, Linz, Salzburg, Graz; New York, Paris, Stuttgart, Berlin, Minsk, Stralsund, Winterthur etc.) Auftragswerke u.a. der Wiener Festwochen, des Theaters der Jugend, der Kammeroper Wien und der Österreichischen Galerie Schloß Belvedere. Seit 1993 Lehrtätigkeit in der Tanzabteilung des Bruckner-Konservatoriums Linz.


Christoph Bochdansky (* 1960 in Tulln). Studierte Bühnenbild in Salzburg und am Figurentheatercolleg in Bochum. Mitspieler bei verschiedenen. freien Gruppen in Österreich und Deutschland, zeitweise freier Mitarbeiter des ORF.
      Mitarbeit am Film Katijubato von Tone Fink. 1986 Organisator des Microtheaterfestivals der Wiener Festwochen. 1992 und 1993 künstlerische Leitung des Internationalen Puppentheaterfestivals in Hohenems. Teilnahme an Festivals in Europa und den Vereinigten Staaten. Figuren und Spezialrequisiten für die Kammeroper Wien, das Theater der Jugend, die Staatsoper Dresden und die Oper Frankfurt/Oder. Bühnenbild für das Opernhaus Zürich und die Salle de Balle in Wien.
      Kinderstücke ("Leo auf dem Berg", "Räuber", "Der Sitzbold", "Rheingold"). Erwachsenenstücke ("Der Drachentöter und Frau Blaha's Magd", "Variations III", "Waldszenen", "Kasperl - du Depp", "Rübezahl", "Das Buch der Kerle").


Philipp Harnoncourt (* 1955 in Wien). Seit 1968 Arbeit as Lichttechniker und Lichtgestalter am Theater (u.a. Dramatisches Zentrum Wien, Ensembletheater, Komödianten im Künstlerhaus). Parallel dazu eigene Auseinandersetzung mit dem Medium Theater und mit Literatur. 1979-81 Ein-Mann-Straßentheaterprojekte in der Steiermark und Wien. 1986/87 Theaterstück Sei Partisan! in der Inszenierung des Autors im "Studio Molière" in Wien.
      1988 Regieassistent am Wiener Burgtheater. 1992 Regie und Raumgestaltung in Zusammenarbeit mit der Tanzgruppe Konnex im Künstlerhaustheater. Theaterlichteinrichtung für das neuerrichtete Kunsthaus Mürzzuschlag. Seit 1993 technischer Leitung für die Tanzwochen Wien und das "Impuls Tanzfestival" (Volkstheater, Museumsquartier). Lichtgestaltungen für das Wiener Konzerthaus, das Staatsopernballet und die Art Carnuntum. Zusammenarbeit mit verschiedenen freien Theater-, Tanz- und Performancegruppen.
      1995 Fertigstellung des Theaterstückes Orfeus und Euridice auf Alpha Centauri (noch unaufgeführt). Arbeit für das Kulturamt an einer Recherche für Tanzräume in Wien.


Karl Petermichl (* 1965 in Wien). Absolvierte eine HTL schon im Hinblick auf die Musikelektronik. Die Tontechnik wird dann auch zum Hauptberuf (ORF-Hörfunk seit 1984), zahlreiche CD-Produktionen und Liveprojekte, daneben vermehrt Klangbasteleien, Konzeptarbeit und Komposition. 


Johannes Marian wurde in Wien geboren, wo er auch an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst studierte. Als Solist und Kammermusiker arbeitet er im In- und Ausland regelmäßig mit bedeutenden Komponisten und Interpreten zusammen und konzertierte unter anderem bei Festivals wie "Wiener Festwochen", "Wien modern", Hörgänge" und "steirischer herbst".
      Als Lehrer für Klavier ist Johannes Marian an der Hochschule für Musik in Wien und am Bruckner-Konservatorium in Linz tätig.


Elisabeth Flunger (* 1960 in Bozen), lebt in Wien. Studierte Musikwissenschaft und Ethnologie an der Universität Wien sowie Schlagzeug und Komposition (Erich Urbanner) an der Wiener Musikhochschule. Spielt seit 1987 als freiberufliche Schlagzeugerin und Solistin in verschiedenen Ensembles, vor allem für zeitgenössische Musik. Gründung des Schlagwerkensembles "Les Guetteurs des Sons". Beschäftigung mit kubanischer und brasilianischer Percussion. Zahlreiche Solo- und Gruppenauftritte mit Musikerinnen, Schauspielerinnen, Sängerinnen, Tänzerinnen, Lyrikerinnen etc., mit zunehmendem Schwergewicht auf freier Improvisation. 1997 Geburt der Tochter Ada.


Sylvie Lacroix (* in Lyon). Flötenstudium am Conservatoire National (Lyon), danach Assistentin der dortigen Flötenklasse. 1979-83 Fortsetzung des Musikstudiums an der Wiener Musikhochschule. Diplom mit Auszeichnung. Eigenstudium des Traversflötenspiels, intensive Beschäftigung mit der Interpretation barocker und klassischer Musik. Mitwirkung bei den Ensembles Consilium Musicum und Concentus Musicus. Das Interesse für Neue Musik führte sie 1988 zum Klangforum Wien und zur aktiven Teilnahme an dessen künstlerischer Entwicklung.


Jeffrey Krieger, the award-winning performer, chamber musician, solo recitalist and specialist in the performance of new music, plays the more conventional-looking cello as principal cellist of the Hartford Symphony Orchestra, Connecticut, USA. He is among the new generation of solo recitalists who have incorporated technology - the computer and video - as well as an electronic cello built by Vermont craftsman Tucker Barrett into performance. Mr. Krieger was a recipient of a 1993 Solo Recitalist Fellowship from the National Endowment for the Arts which allowed extensive touring in the USA, and a 1996 State of Connecticut Commission on the Arts Artist Fellowship for work in multi-media.
      Mr. Krieger performs in locations ranging from elementary and preparatory schools, to universities, music festivals, alternative performance spaces and museums. This past season he performed at the International Festival of Art and Ideas in New Haven, Connecticut; the Soho Arts Festival in New York City; and the Arts and Technology Symposium at Connecticut College in New London, Connecticut. He was chosen to perform this past fall at the International Symposium on Electronic Art 1997 in Chicago.


Karlheinz Essl (* 1960 in Wien).
Kompositionsstudium bei Friedrich Cerha an der Wiener Musikhochschule. Promovierte 1989 mit einer musikwissenschaftlichen Dissertation über "Das Synthese-Denken bei Anton Webern" an der Universität Wien. Unterrichtet "Computer Aided Composition" am "Studio for Advanced Music & Media Technology" des Bruckner-Konservatoriums Linz.
      Kontrabassist in verschiedenen Kammermusik- und experimentellen Jazzensembles. Auseinandersetzung mit mittelalterlicher Musik und Fragen der Aufführungspraxis. Beschäftigung mit seriellem Denken, daran anknüpfend Untersuchungen über die formale Beschreibung kompositorischer Prozesse. 1992/93 künstlerische Arbeit am Pariser IRCAM. 1990-94 Composer in Residence bei den "Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik". Komponistenportrait bei den Salzburger Festspielen 1997 im Rahmen der Reihe "Next Generation". Konzert-, Performance- und Vortragstätigkeit im Im- und Ausland.
      Interdisziplinäre Kunstprojekte: Elektronische Umsetzung von Andreas Okopenkos "Lexikon-Roman" mit der Künstlergruppe "Libraries of the Mind", Performanceprojekt Partikel-Bewegungen mit Harald Naegeli (dem "Sprayer von Zürich"), Zusammenarbeit mit der Videokünstlerin Vibeke Sørensen (MindShipMind). Arbeitet außerdem im Bereich von Klanginstallationen, Improvisationen und Internet-Projekten. --- Homepage: http://www.essl.at
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